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nach Cöln, und zwar in zwei Tagen, habe Bingen, Coblenz, Neuwied, Bonn und Cöln recht angesehen, mich in letzterer Stadt einen Tag aufgehalten und mir Ihre Nähe ersehnt und recht angenehm geträumt. Von hier aus ist eine langweilige Gegend bis Aachen, ich blieb dort einen Tag und reiste über Jülich und Lüttich nach Brüssel. Von Aachen nach Lüttich ist der Weg sehr schön, Berge und Täler wechseln in immer neuen Farben, jedoch wird der Weg nach Brüssel zu höchst einförmig und flach, ebenso nach Paris. Ach, du gottlose Stadt, was kostest du für Geld, wie verstehen es deine Einwohner, einem das Geld aus den Taschen zu locken! Aber dafür hört, sieht und hat man auch etwas. Ich bin noch, obgleich ich schon sehr viel gesehen habe, zu sehr Neuling hier, um einen Vergleich aufzustellen, aber Wien ist nur ein kleinstädtisches Nest gegen Paris. Heute werde ich zum ersten Male die berühmte Pasta[1] in Romeo und Julie von Zingarelli hören. – Rossinis „Donna del lago“ ist hier ausgezischt worden –, dem ohngeachtet ist er aber Direktor der italienischen Oper geworden und engagiert jetzt mehrere neue Sänger. – Ich hoffe noch von Paër ein Billett zu erhalten – anders ist’s hier nicht auszuhalten, macht braucht zu viel Geld, für ein sehr einfaches Stübchen muß ich 45 Francs pro Monat zahlen. – Nächstens mehr.“

Einige Zeit darauf nimmt der Kunstjünger die Gelegenheit war, „die sich durch einen Herrn Hofmann aus Leipzig darbietet, um seinen lieben Freunden in Deutschland etwas hören zu lassen“. Eine ernstliche Erkrankung hatte ihn heimgesucht. „Ihnen die Ursache meiner Krankheit, meiner Not, meinen Ärger zu beschreiben, würde Sie langweilen, und mich würde es an eine schreckliche Zeit meines Lebens erinnern, wo es mir recht elend ging, wo ich ohne Wartung und Pflege war und die Habsucht und Mitleidlosigkeit der französischen Nation erfuhr. Was macht die edle Musika? – Meine Musik befindet sich ebenfalls wohl und denkt bedeutenden Zuwachs an Geschmack erhalten zu haben, wenn ich selbige gesund ins Vaterland zurückbringe. Du lieber Gott, wo soll ich anfangen, Ihnen zu erzählen? Von der hiesigen Lebensart? Daß ich um 8 Uhr aufstehe, um 5 Uhr zu Mittag esse, ½7 Uhr ins Theater gehe und um 12 Uhr ins Bett, das ist gewöhnlich. – Daß ich hier recht hübsche Bekanntschaften gemacht habe, daß ich oft bei Paër bin, daß ich Neukomm[2], den besten Schüler Haydns, sehr gut kenne, daß mich Neukomm bei der Herzogin von Lothringen eingeführt hat, wo ich singen, spielen usw. muß, daß ich dort die Gräfin de Merlin, Vicomtesse de Lacroix usw. kennen lernte, wo ich oft eingeladen bin, und daß mir diese Bekanntschaften, die ich kultivieren muß, viel Geld kosten, weil man immer fahren muß, das ist schon richtiger. Die vorteilhafteste Bekanntschaft hat mir Körner durch seinen Brief an Paër gemacht, der mich oft zu Tische bittet (da profitiert man denn doch noch) und mir Billetts in die italienische Oper schickt. Cherubini ist ein sehr finsterer, trockener Mann, und ich würde ihn hassen, wenn er nicht so schöne Sachen geschrieben hätte. Pixis[3] hat


  1. Vgl. weiter unten.
  2. 1778 – 1858 vielgereister Pianist, Dirigent und sehr fruchtbarer Komponist (Kirche, Konzert). Sein bekanntestes Werk ist das Oratorium: Christi Grablegung.
  3. J. P. 1788 – 1874 Pianist und Kammerkomponist (sein Bruder F. W. wurde als Violinist bekannt).