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Oberon-Aufführungen unter Reissiger einen besonderen Aufsatz. Nachdem erst der Solisten (Schröder-Devrient als Rezia, Babnigg als Hüon, Wächter als Scherasmin) Lob gesungen, heißt es: „. . . . .  um mit dem Trefflichsten zu schließen, unser stets vorzüglich geschulter Singechor unter Meister Mikschs[1] Leitung und unsere unvergleichliche Kapelle unter Reissigers begeisterter und begeisternder Direktion für alle eine Erinnerung, welche unvergeßlich ist. Eine Aufführung, mit der sicher C. M. v. Weber zufrieden gewesen wäre.“ Was der letzte Satz bedeutet, leuchtet ein, wenn man in Ernst Scherzliebs Satire: „Dresden wie es ist“ 1830 liest: „Der Enthusiasmus der Dresdner für Weber ist beinahe der einzige Gegenstand, der bei uns zu einer Art von Nationalsache geworden ist. Es ist der einzige, bei dem Widerspruch den Dresdner erhitzt, den er mit Leidenschaftlichkeit verteidigt, wo Vorliebe, Eifer, ja Begeisterung sich bei ihm zeigt.“ Bei einer geringen Äußerung über Weber wäre das Dresdner Publikum imstande, zum „Tiger zu werden“. Und wehe dem Dirigenten, der ihm seinen Weber falsch aufgeführt hätte. Ihren Weber kannten die Dresdner zu genau. Eine Verzerrung durch falsche Temponahme vornehmlich der früheren Werke (Freischütz), bei denen noch die Tradition von Weber selbst bekannt war, wäre dem Dirigenten wohl schlecht bekommen. Mit Reissigers Weberaufführungen waren aber Publikum, Presse[2] und, wie wir sehen werden, auch die Intendanz außerordentlich zufrieden. Über eine Euryantheaufführung unter Reissiger hieß es schon früher[3]: „Die Aufführung war von Seiten des Orchesters und der Chöre ganz gelungen, und selbst unser unvergeßlicher Weber würde sich über den feurigen Dirigenten gefreut haben, der bewies, wie tief er in Webers Geist eingedrungen sei, und durch seine sorgfältige Direktion die hohe Achtung darzulegen suchte, die er dem Verewigten zollte.“

Hier sei nun auch noch Reissigers als Konzertdirigent gedacht. Wir bekommen dabei von ihm ein anderes Bild, als wie es Richard Wagner gegeben hat. Gelegentlich eines „Musikfestes im alten Opernhause in Dresden 1828“ dirigierte Reissiger Beethovens C-Moll - Sinfonie und Händels Judas Makkabäus. Dazu hatte er Verstärkungen im Orchester nötig, weshalb er aber mit akustischen Störungen rechnen mußte. Diese glich er, wie berichtet wird[4], durch eine geschickte Aufstellung der Mitwirkenden vollkommen aus. Dann heißt es: „Das Ganze durchdrang ein Feuer, das aus des Direktors Allgegenwart mit Blicken und Winken mit beiden Händen stets neue Nahrung sog“. Reissigers jugendliches Feuer ging dann sogar so weit, daß nach des Kritikers Meinung der letzte Satz der Sinfonie zu schnell geriet, daneben sei aber der wahre Charakter des ersten Satzes, das sehnsüchtige Regen und Streben, noch niemals so leuchtend und klar vor Augen getreten als unter Reissigers Direktion. Vom Oratorium wird folgendes Interessante berichtet: „Jeden Zuhörer muß es erfreuen, im Direktor als der Seele des Ganzen„ den wärmsten und sogar aufopfernden Eifer für die Kunst flammen zu sehen. Herrn Reissigers Direktion ruft das Andenken an die bessere alte Zeit zurück,


  1. 1765 – 1845 Sänger und bedeutender Gesanglehrer. Selbst Schüler der berühmten Gesangschule Pistocchi-Bernacchi, war er Lehrer der Schröder-Devrient und Mitterwurzers.
  2. A. M. Z. 1829 S. 726.
  3. Marx's Berliner A. M. Z. 1827 S. 127.
  4. Dresdner Morgenzeitung 1828 Nr. 65.