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Zweiter Auftritt.

Schulmeister. Pachter.

Pachter.
Sieh da, Gevattersmann!
Wie trifft man Ihn denn hier am schönen Abend an?

Schulmeister.
Ich liebe diesen Ort, er ist geschickt zum Träumen,
Ich wuchs hier auf zugleich mit diesen jungen Bäumen.

Pachter.
Den jungen Bäumen?

Schulmeister.
Ja! sie stehn so schlank noch da,
Und grünen, weit und breit die schönsten die ich sah.

Pachter.
Nun, Er ist schlank genug, doch wer Ihn grün wollt nennen,
Der würde garstig sich die Zunge wohl verbrennen.
Denn Er ist dürr, mein Freund, und trocken oben ein!

Schulmeister.
Die Wissenschaft, der Fleiß!

Pachter.
Was soll uns hier Latein?
Hätt’ Er gelebt, wie ich, bei schwarzem Brod und Biere,
Geschlafen Schlag neun Uhr, frühmorgens auf um Viere,
Gleich in die freie Luft beim ersten Hahnenrufen,
Den Flegel wohl geschwenkt, und wohl gepflügt die Hufen,
Die Scheure wäre voll, ein flinkes Weib im Haus,
Und Kinder frisch und drall, da säh’ es anders aus!

Empfohlene Zitierweise:
Helmina von Chézy: Der neue Narziß. Lustspiel in einem Aufzug. Fleischer, Leipzig [1824], Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Helmina_von_Ch%C3%A9zy_-_Der_neue_Narzi%C3%9F.pdf/4&oldid=- (Version vom 12.9.2022)