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preisen, ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Das Recht des Unsichtbaren hat die Macht des Sichtbaren besiegt.

 Eben darum, weil das Auge des Herrn so Großes erreicht sieht, kann er sich in seinem Geiste freuen, muß er aber auch für das begonnene Werk und seine Träger bitten. Um seinetwillen, um ihretwillen und zu Ehren des Vaters.

 Es soll nicht heißen, daß er das gute Werk angefangen und dann verlassen hat – dieser Mensch hatte nicht, es auszuführen – die Seinen sollen nicht am Werke stehen, das versinkt und die ihm trauten begräbt. Und Gottes Ehre würde gefährdet, wenn der von ihm Ausgegangene sein Lebenswerk müßig gehen und verfallen ließe. Der Gesandte hätte das Vertrauen nicht verdient, der Sohn des Vaters ihn getäuscht und das Geweissagte wäre hinfällig geworden. Wem soll die Seele noch trauen?


Ich bitte für sie.

 „Siehe, das ist der freundliche Abschied und tröstliche letzte Wort, so Christus den Seinen lässet und gerne wollte ins Herz reden. An dieses Wort hat der heilige Geist viele Herzen, wenn es ans Treffen kommt, erinnert und damit gestärkt, daß sie auf den Sieg alles erlitten und davongefahren sind. Gott helfe auch uns und gebe auch uns den Sieg, daß wir auch uns an das halten in Nöten und Sterben... Denn solches hat mein Herr und Heiland mir in mein Herz geredet, daß ich an ihm einen Siegesmann habe wider Welt, Tod und Teufel, ich sei wie gering und schwach ich wolle.“

 Die Worte Luthers, die er zu Joh. 16, 33 schreibt, mögen das große Königswort Jesu Christi erläutern. Welch eine Welt der Treue tut sich auf, in der kein Anliegen, auch das geringste nicht des geringsten Reichsgenossen, vergessen und versäumt werden wird. Weitsichtig ist diese Treue und übersieht doch nichts, in die Ferne blickt sie und läßt sich doch das Nächste befohlen sein. Ihr ist das Größte wie das Geringfügigste bedeutsam. „Ich bitte für sie.“ Dahin flüchtet die Kirche mit ihrem Optimismus, daß er echt und klar, lauter und rein werde und nicht in leichten losen Sinn ausarte, der Böses gut heißt und aus Finsternis Licht macht, mit ihrem Pessimismus, daß er nicht Gutes böse heiße und aus Licht Finsternis mache. Und jeder Diener der Kirche tröstet sich der Zusage an Petrus, daß sein Herr für ihn bitte, damit der Glaube nicht aufhöre und die Liebe nicht erkalte. Wenn die Zeichen wider die Kirche stehen und ihr um Trost sehr bange werden will, weil ihre Versäumnisse ihr auf die Seele fallen, und die Arbeit vergeblich erscheint, wenn der einzelne Christ sich nimmer zu fassen weiß, steigt wie über den dunklen Wolken ein tröstender Stern, die Treue empor: Ich bitte für euch.

 Diese Treue ist aber die Kraft dessen, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist. Er bittet und gewährt, er verheißt