Seite:Hermann von Bezzel - Die sieben Sendschreiben.pdf/68

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der Kritik vernichtet. Wenn ein Teil der Ausleger wirklich recht hat, so wäre es furchtbar, daß der Bischof von Thyatira so liebestreu nach außen wirkte, während sein Weib das im Hause zerstörte, was er nach außen aufbaute. Manche Ausleger lesen nämlich: „Daß du dein Weib gewähren lässest“. Also, über der Ausdehnung der Gemeinde nach außen vergißt der Bischof die Zucht in seinem eigenen Hause und läßt sich von der, die ihm als Gehilfin anvertraut ist, berücken und betören. Ein furchtbar tragisches Bild! Während der Geistliche in der Gemeinde sich verzehrt, bricht sein Weib zuhause äußerlich und innerlich die Ehe. Während er ein Werk der Rettung nach dem andern aufbaut, reißt sein Weib ein Werk nach dem andern nieder. Er rettet, sie vernichtet. Er heißt Zucht üben, sie scheut und verläßt die Zucht. Er geht gutmeinend und vertrauend dem Werk nach und sein Haus wird eine Stätte wüster Lustbarkeit, ein Schlupfwinkel aller finsteren und lichtscheuen Gestalten. Wir haben hier nicht von der Mission des evangelischen Pfarrhauses zu reden; aber daß mancher tüchtige Pfarrer und treue Amtsträger durch seine Familie heruntergezogen ist, das ist kein Zweifel. Und er glaubt es nicht, weiß es nicht, wird betört. Wie viele treue Diener, wie viele ernste eifrige Seelsorger sind von dem Tage an, da sie in die Ehe getreten sind, müde und laß geworden. Oder, wenn sie ihren Eifer erst recht verdoppelten, ist es nur darum geschehen, damit niemand sagen konnte: durch die Ehe sei ihr Amt geschädigt worden. Während sie nach außen wirkten, zerfiel das Innere. Welche Bedeutung mißt hier Jesus Christus gerade dem Weibe bei und der Pfarrfrau vor allem! Wie müßte es uns doch angelegen sein, hier zu beten,