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ihm das Leiden erregt hat, in dieser Angst, ob er es uns noch vergeben könne, daß wir ihm solches erweckt und verschuldet haben, klang es wie ein Ton siegreicher Überwindung, so rätselhaft und geheimnisvoll uns auch das Wort war: „Es ist vollbracht!“ Je weniger das uns zu Herzen gehen will, desto mehr freuen wir uns, daß es ihm von Herzen kam, und je weniger wir von vollbrachten Dingen sehen, desto mehr trösten wir uns: er hat es vollbracht, er hat sein Werk vollendet.

 Auf diese sechs Worte, in die er sein Leben für uns und in denen er unser Leben wieder in seines geschlossen hat, mit denen er seine Sorge für uns und unsere Untreue gegen ihn umspannte und begriff, folgt majestätisch abschließend und doch so kindlich schlicht, wie wenn ein müdes Kind im Schoße der Mutter ausruhen will, das letzte Wort: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“

 Wir sagen, das ist

 Das ist ein freudiges Wort! Wer schon einen Menschen hat sterben sehen, hat das Weh empfunden, das der Herr dort am Grabe des Lazarus empfand. Wie hilflos ist auf einmal der Mensch geworden! Er streckt seine Hände aus und niemand weicht mehr von ihm. Er öffnet weit seine Augen und niemand fragt mehr nach ihm. Er späht durch den immer weiter sich ausdehnenden, in die Ferne hinausreichenden Raum und niemand antwortet ihm. Der, den er vertreiben will, der kommt immer näher; der, dem er entrinnen möchte, verstellt ihm den Weg; der, an dem er vorbeikommen möchte, tritt ihn hart an. Das ist die Welt des allbezwingenden Todes. Darum liegt

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Hermann von Bezzel: Die sieben Worte Jesu am Kreuz. Müller & Fröhlich, München 1918, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Die_sieben_Worte_Jesu_am_Kreuz.pdf/81&oldid=- (Version vom 1.8.2018)