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Seele zu seiner Treue sich befohlen sein läßt: „Vater, in deine Hände!“.

 So freudig und so getrost, so stark und so gewiß kann der Herr Jesus jetzt sprechen. Das sind ja die Hände, die ihn von Anbeginn geleitet und gesegnet haben, die sich ihm aufgelegt haben von uran, in die er seine Hand hat legen dürfen, die Hand des Gehorsams: „Ja, Vater, ja von Herzensgrund, leg auf, ich will dir’s tragen“ – die Hände der gebenden und spendenden Gnade: Aus deiner Fülle will ich Gnade um Gnade nehmen, aus meiner Fülle sollen sie Gnade um Gnade empfangen. Das sind ja die treuen Hände, die den Sohn geleitet haben all Zeit und Stunde. „In deine Hände!“ – nicht in die starren und starken Hände eines dumpfen und stumpfen Geschickes, nicht in die unfaßbaren, so abwehrenden und abweisenden Hände, die bloß geschäftig sind zu nehmen, aber nicht bereit zu geben, die nur das Leben fördern, um es zu zerpflücken, sondern „in deine Hände“, in die Hände, die mütterlich besorgt das Leben umschirmen, die väterlich stark das Leben bewahren, bewähren, fortführen und zum Siege gelangen lassen.

 „Vater, in deine Hände!“ Sind das nicht die Hände, die ihn geschlagen haben? Ja! Aber im Schlage hat es der Sohn empfunden: durch meines Vaters Hände geht unablässig wie ein Strom vom Herzen die suchende, die verheißende, die vergeltende Treue. Es sind nicht todesstarre Hände, die das Leben vernichten, nicht lebensferne Hände, die jeden Lebenswunsch, wie der Frost den jungen, frühlingsfrohen Keim, ersticken, sondern deine Hände, aus denen wir alle Gnade um Gnade nehmen. „In deine Hände!“.

 Dieses so dankbare und so getroste, dieses so gewaltige Wort des Herrn wollen wir, wenn es mit uns zum Scheiden geht, recht ins Herz fassen. „In deine Hände“ – meine

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Hermann von Bezzel: Die sieben Worte Jesu am Kreuz. Müller & Fröhlich, München 1918, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Die_sieben_Worte_Jesu_am_Kreuz.pdf/85&oldid=- (Version vom 1.8.2018)