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Reichtum von Hoffnung, als die Knappheit und Kargheit, wie viel man Gott zutrauen dürfe. Lieber gibt man den Mädchen den weiteren Spielraum, – es ist ja keine Gefangenenanstalt, – als daß man sie einengt und einzwängt. Dann aber führe man sie fleißig und treulich hinein in das Geheimnis des Gottesworts, in den Ernst der heiligen Gottesgebote, in die leuchtende Freude, daß der Mensch Gottes immer wieder zur Welt geboren wird. Man zeige den armen Mädchen mit Vorsicht, aber auch mit aller Rücksichtslosigkeit, wie Gott der Herr selbst die eigene Seele, die Seele der Erziehenden und Lehrenden aus Tiefen gerettet hat und wie er mit all seinen Armen redet und wie er all seine Wüsten tröstet. Es sollen die Magdalenen wissen – dabei verliert nur der Tor an Achtung – daß ihre Kämpfe und ihr Ringen das eigene ist und daß es nur Gottes wundersame Behütung war, die uns von dem Abgrund fern hielt, in dem sie leiden. Es muß in einem Magdalenium ein Wetteifer entstehen, wer am besten Jesum vorleben kann. Es gereicht zu den höchsten und dankenswertesten Freuden meiner Arbeitszeit, daß in unserem Magdalenium dieser einmütige Werbegeist in einer Liebe zum Erbarmen Jesu immer wieder am Wort und Werk stand. Es ist ja einem Scheidenden eher ein freimütiges Wort gestattet und nachzusehen, aber zu den Werken, die die hiesige Arbeit verklärten und erleuchteten, gehört an allererster Stelle der Teil an der Arbeit im Magdalenium. Man hat immer gewußt, daß diesen Kindern, diesen Mädchen die Gleichheitlichkeit des Erbarmens Jesu Christi entgegenscheint. Launen und Magdalenium, Stimmungen und Rettungsarbeit sind unverträgliche Gegensätze. Gott erhalte die Lindigkeit und Leutseligkeit, die allen Menschen kund werden soll und denen am meisten, die in der Leutseligkeit bisher Berechnung und in der Lindigkeit schnödes Verlangen sehen mußten.

 Das also ist das Wesen der rechten Diakonie Jesu Christi, Seiner Seelsorge Gegenstand und Seiner Seelsorge Nachfolger zu sein. Einbezogen in das suchende Erbarmen Jesu Christi, unmittelbar hereingestellt in die große Lebensarbeit Seiner Erbarmung, weiß sich die weibliche Diakonie Ihm zu einer dankbaren Nachfolge verpflichtet und verbunden, und kennt keine größere Freude, als vergängliches Leben an Weckung des unvergänglichen und enteilende Stunden an Erhebung ewiger Gaben zu wagen und zu wenden. Es ist der weiblichen Diakonie Ehrenpreis, daß sie, was dem gesamten Christenstand eigentümlich und gemeinsam sein müßte, an ihrem Teil langsam und treulich tut, Jesum für all seine Gaben und Güte bis zum Tode zu danken.