Seite:Hermann von Bezzel - Was unser Herr Präsident am Feste der Reformation seiner Kirche zu sagen hat.pdf/8

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 II. Wie aber sollen wir unserer Lehrer gedenken? Wahrlich nicht urteilslos, von andern überredet, von der Begeisterung der flüchtigen Stunde berauscht und des nüchternen Urteils beraubt. Der Apostel heißt alles prüfen und erst das Erprobte behalten und sein Herr heißt den Willen tun des Wahren, um der Wahrheit inne zu werden. „Welcher Ende sehet an!“ Langsam wie es der Sache geziemt, bedächtig, wie das Unübersehbare es fordert, lasset uns des Wandels Ausgang betrachten, den Er selbst genommen hat. Der frei öffentlich vor allem Volke und nicht im Verborgenen, von der Kammer zu den Dächern, von der Nacht des Nikodemus zum Verklärungsberge gelehrt hat, der umhergegangen und hat wohlgetan und gesund gemacht, der des Tages wandelte und wirkte, so lange es Tag war, bietet sich unserer Prüfung dar. Sein Ende ruhmlos, lichtlos, scheinbar gottverlassen, hat alles ausgerichtet und mit Ehre und Schmuck ist Er dem Gericht entnommen: Sein königliches „Es ist vollbracht“ hat die arme Erde zur Zeugin und Stätte des Sieges und die trauernde Welt zum Gottesgarten erhoben. Lasset uns aufsehen auf Jesum, den Heerführer des Glaubens, den Vollender des Lebens im Schauen und Besitzen. Legt, ihr Zweifler, Eure Hand in Seine durchbohrte Seite, ihr Fragenden sagt Ihm eure Nöte, kleine und große, wirkliche und vermeintliche, dem Aufrichtigen läßt Er’s gelingen. Die Sorgen schweigen, die Zweifel zerrinnen: es wird Tag. Gerade Sein Ende ist Seines Lebens Bewährung und Seine Armut der Gottheit Ehrenkleid und Seine Bezweiflung der Gewißheit Herold: Kommt her, prüft und forscht. Er ist allein der Herr, der höchste, Jesus Christus.

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 Sehet auch Luthers Wandelungen und Ausgang an: Nichts Glorioses, aber Echtes, nichts was in die Augen gleißt, aber die Ehre des ganzen Mannes, wie des ganzen Christen. Er hat viele Weisen, aber Einen Ton, viele Worte, aber Einen Preis, mancherlei Wandelungen, aber Eine entschiedene, Eine entscheidende Wendung zu Seinem Heiland: „Allein aus Gnaden, allein aus Glauben.“ „So oft ich bete, kommt mir der Mann am Kreuz!“ Da liegt er am Tage Konkordiä, den 18. Februar 1546 – unsere Väter haben wohl geklagt, „an diesem Tag sei die Eintracht gestorben“ – ein wegemüder, aber auch ein wegefertiger Mann. Ein Friedenswerk hat er vollbracht, den kleinlichen Streit seiner Mansfelder Landesherrn treulich geschlichtet, nun kann er in Frieden fahren. Über sein Lieblingswort, die „kleine Biblia“, hat er noch gepredigt, nun darf er ruhen. Dem Freund Rentmeister hat er von denen, die den Tod nicht scheuen, ewige, wundertiefe Worte ins Bibelbuch geschrieben. Nun schläft er ein, es geht zu Ende. Der mehr gearbeitet hat als sie alle, dessen