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„Ich verwende sie auf verschiedene Weise.“

„Ich meine, wohin liefern Sie die – die Menschen?“ Der Professor empfand eine Scheu vor dem eigentlichen Worte.

„Wohin?“ lachte der Unheimliche; „das sage ich Ihnen erst, nachdem Sie mir Ihr Leben geschenkt haben.“

„Mein Leben!“

„Ja, Sie wollten es doch grade wegwerfen. Es ist also etwas Werthloses.“

„Woher wissen Sie, daß ich es wegwerfen wollte?“

„Hören Sie, Mann,“ rief der Fischer grob, „seien Sie doch bei einer solchen Gelegenheit ehrlich. Sonst muß ich Sie für einen Hanswurst halten und bedaure, Ihre werthe Bekanntschaft gemacht zu haben.“

„Ich gestehe, daß ich allerdings …“, stammelte der Professor eingeschüchtert.

„Nun schenken Sie mir es?“

„Verzeihen Sie, das geht denn doch nicht. Sie könnten von mir Handlungen gegen Ehre und Sittlichkeit verlangen.“

„Der Einwand läßt sich hören. Sie scheinen demnach ein anständiger Mensch zu sein. Ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag: schenken Sie mir diese Nacht. Sie können ruhig sein, das Wasser ist morgen früh auch noch da. Wenn Sie wollen, können Sie dann schlafen gehen. Kommen Sie jetzt in mein Wirthshaus!“

„Wer sind Sie?“

„Ich bin der Wirth vom Anilin.“

Und schon hatte er sich erhoben und stampfte in schweren Stiefeln voraus, ohne sich einmal umzusehen. Der Professor ging willenlos hinter ihm her.

Unter der trüben Laterne traten sie in das Haus.

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/243&oldid=- (Version vom 1.8.2018)