Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.1 1819.pdf/269

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der Spieler so blenden ließ, daß es den unverständlichen Unsinn des Gedichts für was Rechtes hielt.

Berganza. Gar nicht lange her ist es, daß ich ein Beispiel dazu erlebte, was Du eben gesagt hast. – Es war das tiefsinnigste und zugleich lebendigste Stück des hochverehrten Calderon de la Barka: die Andacht zum Kreuz, welches man auf vieles Andringen der poetisch Gesinnten in Eurer höchst vortrefflichen Uebersetzung auf die Bühne brachte, und welches bei dem Publikum, so wie hinter den Culissen, alle die ergötzlichen Wirkungen hatte, die Du so eben beschriebst.

Ich. Auch ich habe die Andacht zum Kreuz aufführen gesehen, und der Eindruck auf die Menge war nicht zu verkennen; aber manche hochgebildete Personen fanden das Stück verwerflich, weil es unmoralisch sey.

Berganza. Eben in diesem Urtheil spricht sich Eure jetzige Verschrobenheit, ja ich möchte sagen, Verderbtheit aus. – Ueberhaupt rechne ich den Verfall Eures Theaters von der Zeit, als man die moralische Verbesserung der Menschen als den höchsten, ja einzigen Zweck der Bühne angab, und so dieselbe zur Zuchtschule machen wollte. Das Lustigste konnte nicht mehr erfreuen, denn hinter jedem Scherz ragte die Ruthe des moralischen Schulmeisters hervor, der gerade