Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.2 1819.pdf/329

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tüchtiger Musikus; er spielte fleißig auf einem großen Flügel oft bis in die späte Nacht hinein, und wenn es einmal ein Concert in unserm Hause gab, dann spielte er sehr lange Stücke, wozu ihn die Andern auf Violinen, Bässen, auch wol Flöten und Waldhörnern ganz wenig begleiteten. Wenn solch ein langes Stück endlich heraus war, dann schrieen Alle sehr und riefen: „Bravo, Bravo! welch ein schönes Concert! wie fertig, wie rund gespielt!“ und nannten mit Ehrfurcht den Namen Emanuel Bach![WS 1] – Der Vater hatte aber so viel hinter einander gehämmert und gebrauset, daß es mir immer vorkam, als sey das wol kaum Musik, worunter ich mir so recht ans Herz gehende Melodien dachte, sondern er thue dies nur zum Spaß, und die Andern hätten auch wieder ihren Spaß daran. – Ich war bei solchen Gelegenheiten immer in mein Sonntagsröckchen geknöpft, und mußte auf einem hohen Stuhl neben der Mutter sitzen und zuhören, ohne mich viel zu regen und zu bewegen. Die Zeit wurde mir entsetzlich lang, und ich hätte wol gar nicht ausdauern können, wenn ich mich nicht an den besondern Grimassen und komischen Bewegungen der Spieler ergötzt hätte. Vorzüglich erinnere ich mich noch eines alten Advocaten, der immer dicht bei meinem Vater die Geige spielte, und von dem sie immer sagten, er wäre ein ganz übertriebener Enthusiast, und die Musik mache

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Carl Philipp Emanuel Bach, der älteste Sohn Johann Sebastian Bachs, gleichfalls ein Klaviervirtuose und erster Komponist des musikalischen „Sturm und Drangs“.