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Leider mußte Pinkemüller sehr bald einsehen, daß es unmöglich war, während der Mittagshitze den Marsch fortzusetzen. Es wurde daher im Schatten einer einsamen Felsgruppe Rast gemacht. – Der Knirps war über die Maßen froh, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Ein Kamelreiter würde er in seinem ganzen Leben nicht werden. Das hatte er längst eingesehen. – Schiff der Wüste nennt man das Kamel, und dieser Vergleich trifft auch, was das Schaukeln anlangt, zu. Das ewige Hin- und Herschwanken und manche andere Eigentümlichkeit der Tiere bei schneller Vorwärtsbewegung brachten den Dicken förmlich zur Verzweiflung. Traugott Pinkemüller war glücklicher daran, war eben an jedes Reittier gewöhnt.

Während der Knirps sich nun sofort an dieser schattigen Stelle lang zum Schlaf ausstreckte, lenkte der Doktor seinen – oder besser Ibrahim ben Garbs Grauschimmel! – noch ein Strick in die Wüste hinaus, wo er in einer Talsenkung die langen Hälse von Straußen bemerkt hatte.

Er hatte sich nicht getäuscht. Das, was er suchte, lag da vor ihm in einer großen, künstlich von den Straußen hergestellten Vertiefung: Eier, wohl fünfunddreißig an der Zahl. Sie waren regelmäßig eiförmig, etwa 15 Zentimeter lang, 13 Zentimeter dick, gelblich weiß mit hellerer Marmorierung, und zwei davon mußten für einen Erwachsenen eine reichliche Mahlzeit abgeben.

Die vier Riesenvögel, ein Männchen und drei Hennen, ersteres an seinem hochroten, fast nackten Hals und den fleischfarbenen Schenkeln leicht erkennbar, waren beim Nahen des Reiters schnell geflüchtet, blieben aber in der Nähe. – Nachdem der Doktor festgestellt hatte, daß die Eier noch nicht angebrütet waren, beraubte er das Nest um fünf der dickschaligen Eier und kehrte zu der einsamen Felsgruppe zurück.

Gegen sechs Uhr nachmittags wurde der Knirps endlich wieder munter, verspeiste mit größtem Appetit die von dem Doktor in der Asche eines kleinen Feuers gerösteten Eier und ließ sich während der Mahlzeit von Pinkemüller erzählen, wie dieser eigentlich zu dem recht zweifelhaften

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W. Belka: Ibrahim ben Garb, der Pirat der Wüste. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ibrahim_ben_Garb,_der_Pirat.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)