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wofür ich auf die Schlußbemerkungen der Kleinschen Note verweisen darf.


§ 1. Vorbemerkungen und Formulierung der Sätze.

Alle im folgenden auftretenden Funktionen sollen als analytisch oder wenigstens als stetig und endlich oft stetig differentieerbar, und im betrachteten Bereich eindeutig angenommen werden.

Unter einer „Transformationsgruppe“ versteht man bekanntlich ein System von Transformationen derart, daß zu jeder Transformation eine im System enthaltene Umkehrung existiert, und daß die Zusammensetzung irgend zweier Transformationen des Systems wieder dem System angehören. Die Gruppe heißt eine endliche kontinuierliche , wenn ihre Transformationen enthalten sind in einer allgemeinsten, die analytisch von wesentlichen Parametern abhängt (d. h. die Parameter sollen sich nicht als Funktionen von weniger Parametern darstellen lassen). Entsprechend versteht man unter einer unendlichen kontinuierlichen eine Gruppe, deren allgemeinste Transformationen von wesentlichen willkürlichen Funktionen und ihren Ableitungen analytisch oder wenigstens stetig und endlich oft stetig differentiierbar abhängen. Als Zwischenglied zwischen beiden steht die von unendlich vielen Parametern, aber nicht von willkürlichen Funktionen abhängende Gruppe. Schließlich bezeichnet man als gemischte Gruppe eine solche, die sowohl von willkürlichen Funktionen, als von Parametern abhängt[1].

Es seien unabhängige Veränderliche, von diesen abhängige Funktionen. Unterwirft man die und den Transformationen einer Gruppe, so müssen wegen der vorausgesetzten Umkehrbarkeit der Transformationen unter den transformierten Größen wieder genau unabhängige — — enthalten sein; die übrigen davon abhängigen seien mit bezeichnet. In den Transformationen können auch die Ableitungen


  1. Lie definiert in den „Grundlagen für die Theorie der unendlichen kontinuierlichen Transformationsgruppen“ (Ber. d. K. Sächs. Ges. der Wissensch. 1891) [zitiert „Grundlagen“] die unendliche kontinuierliche Gruppe als Transformationsgruppe, deren Transformationen durch die allgemeinsten Lösungen eines Systems partieller Differentialgleichungen gegeben sind, sobald diese Lösungen nicht nur von einer endlichen Anzahl von Parametern abhängen. Dadurch erhält man also einen der oben angegebenen, von der endlichen Gruppe verschiedenen Typen; während umgekehrt der Grenzfall von unendlich vielen Parametern nicht notwendig einem Differentialgleichungssystem zu genügen braucht.
Empfohlene Zitierweise:
Emmy Noether: Invariante Variationsprobleme. Nachr. D. König. Gesellsch. D. Wiss. Zu Göttingen, Math-phys. Klasse, Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1918, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:InvarianteVariationsprobleme.djvu/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)