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Schenker und Krüger mehr da, sondern Hotels. Man begnügt sich nicht mehr mit einem frugalen Mittagsmahle, sondern es werden Mittags und Abends-Tafeln gegeben, an denen ganz nach Frankfurter Art geschmausst wird. Man trinkt keinen Mosler mehr, sondern Rüdesheimer, Hochheimer und Champagner. Leute, die sonst nur von Kupferkreuzern sprachen, und allenfalls um ein Flimmerchen Mensch spielten, führen jetzt nichts als Dukaten im Munde und spielen mit Kronen. Die Mädchen werden nicht mehr Jungfern, sondern Mademoiselles und Fräulein genannt.

Aber auch auf die Sitten hat diese Häufung des Geldes Einfluss gehabt. Man findet hier jetzt schon nicht mehr den alten rohen, aber ehrlichen Westerwälder Bürger, sondern den stolzen und pralenden Bewohner grosser Städte. Die gemeinen Mädchen legen Roth auf, und gehen trotz ihrer Schwestern in Koblenz Abends auf Eroberungen aus. Jetzt, da ihre Tugend eben auf dem Punkt steht, vollends zu scheitern, und ihr Umgang noch auf den Grenzen zwischen einfältiger Zurückhaltung und städtischer Nachgiebigkeit schwebt, mögen sie vielleicht sehr liebenswürdig sein. Man wird sie aber bald nicht mehr so finden.