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H. Hirzel und H. Gretschel (Hrsg.): Dampfwagen und Dampfschiffe. In: Jahrbuch der Erfindungen und Fortschritte auf den Gebieten der Physik [...], S. 178–181

diesem Systeme bildete. Man bediente sich hier hauptsächlich der auf der Saône gemachten Erfahrungen, wendete aber eine durchlaufende Kette an. Es ist nun dieses System, im Einzelnen mehrfach verbessert, seit längerer Zeit auf der oberen wie auf der unteren Seine im Betrieb. Man bedient sich gegenwärtig eiserner Dampfer, sogenannter Rollendampfer, mit flachem Boden, welche höchstens 40 Centimeter Tiefgang haben. Die Maschine von 35 bis 40 Pferdekräften ist in der Mitte aufgestellt, vor und hinter ihr liegen die Dampfkessel. Die beiden Trommeln, über welche die Kette geht, nebst dem zugehörigen Bewegungsmechanismus ragen über das Verdeck hervor. Am Hinter- und am Vordertheile des Schiffes sind Leitrollen zur Aufnahme der Kette angebracht. Das Maximum der Geschwindigkeit beträgt stromaufwärts 6000, stromabwärts 12000 Meter. Die Zugkraft ist je nach der Strömung veränderlich. In Paris, wo die letztere nur gering ist, hängt man 8 bis 10 Schleppkähne zu je 250 Tonnen Tragkraft an einen Dampfer, außerhalb der Stadt nur 6, an der Brücke von Melun nur 4. Die Kosten sollen um etwa 30 Procent niedriger sein, als bei Anwendung der Zugkraft der Pferde. Auch die Geschwindigkeit ist eine größere: während man zu der 106 Kilometer langen Strecke von Paris nach Montereau mit Pferden 6 bis 8 Tage braucht, legen die Rollendampfer den Weg schon in 2 bis 3 Tagen zurück.

Auch anderwärts hat man das System der Kettenschifffahrt bereits anzuwenden angefangen. An manchen Orten hat man es zu Trajectanstalten benutzt, wobei die Kette quer durch den Fluß geht, z. B. auf dem Nil. In den Niederlanden befindet sich eine kleine Anlage, welche zur Beförderung der Schiffe über den Pampus aus dem Zuiderzee nach dem Y dient. In Deutschland hat schon vor mehreren Jahren eine Gesellschaft die Concession für die Rheinstrecke zwischen Ruhrort und Coblenz nachgesucht; doch ist der Plan dort nicht zur Ausführung gekommen. Für die Unterelbe hat im vorigen Jahre die Magdeburger Dampfschifffahrtsgesellschaft die Sache in die Hand genommen, und es steht also zu erwarten, daß auch in Deutschland dieses System, wenn anders es sich wirklich für den Frachttransport bewährt, in Anwendung

Empfohlene Zitierweise:
H. Hirzel und H. Gretschel (Hrsg.): Dampfwagen und Dampfschiffe. In: Jahrbuch der Erfindungen und Fortschritte auf den Gebieten der Physik [...], S. 178–181. Quandt & Händel, Leipzig 1866, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrbuch_der_Erfindungen_und_Fortschritt_1866_S172-183.pdf/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)