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werden könnte, die schon seine Mutter gestürzt hatten. 612 Die Unüberlegteren dagegen und jene, die sich mehr vom Wunsche leiten ließen, endlich wieder einmal die Heimat zu sehen, als von der Sorge für das Wohl des Antipater, munterten ihn zur Eile auf und meinten, er dürfe durch sein Zaudern bei seinem Vater keinen schlimmen Verdacht aufkommen lassen und den Feinden keinen Anhaltspunkt für ihre Verdächtigungen bieten. Denn auch das, was eben jetzt vielleicht gegen ihn in Bewegung gesetzt worden, sei nur die Folge seiner Abwesenheit, und hätte man bei seiner Anwesenheit so etwas wohl gar nicht gewagt. Es wäre aber auch ungeschickt, sich wegen eines unsicheren Verdachtes sichere Güter entreißen zu lassen, statt so schnell als möglich dem Vater seine Gegenwart zu schenken und mit ihm die Krone zu theilen, die ihm allein schon zu schwer werde. 613 Diesen letzteren folgte Antipater, oder vielmehr es jagte ihn bereits der Geist der Rache. Er fuhr von Cilicien hinüber nach Palästina und lief in Sebastus, dem Hafen von Cäsarea, ein.

614 (4.) Zu seiner Ueberraschung fand er auch nicht eine Menschenseele zu seinem Empfange vor, vielmehr wichen ihm alle scheu aus, und keiner getraute sich, in seine Nähe zu kommen. Der Grund dafür lag nicht minder in dem Hasse, den man gegen ihn hegte, und der sich jetzt einmal ungescheut bethätigen durfte, wie in der Furcht vor dem König, die ebenfalls viele von ihm fernhielt, nachdem die Schurkereien des Antipater schon überall das allgemeine Stadtgespräch bildeten, und nur er allein über den Stand seiner Sachen im Unklaren war. Kurz gesagt, wie Niemand noch ein prächtigeres Abschiedsgeleite bekommen, als Antipater vor seiner Abfahrt nach Rom, so hat auch wohl Niemand je einen schmählicheren Empfang gehabt. 615 Er begann denn auch schon Unrath am Hofe zu wittern, hielt aber aus schlauer Berechnung noch mit seinem Verdachte zurück, und obschon ihm in der Brust sterbensangst wurde, zwang er sich doch zu einer eisernen Stirne. 616 Zur Flucht wäre es übrigens auch schon zu spät gewesen, und kein Entrinnen gab es mehr aus dieser Umklammerung. Wie in Rom, wurde ihm auch hier im eigenen Lande nicht der geringste Wink über die Ereignisse am Hofe infolge der strengen Weisungen von Seite des Königs gegeben. Nur ein freudigerer Hoffnungsschimmer war ihm geblieben, dass am Ende doch noch nichts aufgekommen sei, oder wenn auch etwas entdeckt worden wäre, dass es ihm vielleicht gelingen könnte, durch ein unverschämtes und listiges Auftreten die drohenden Wolken zu zerstreuen. Das waren unter diesen Umständen noch die einzigen Waffen, die ihn retten konnten.

617 (5.) Mit diesen gewappnet, schritt er nun den königlichen Gemächern zu und zwar ohne seine Freunde, da diese schon im äußersten Thor-

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/127&oldid=- (Version vom 12.2.2020)