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eingeschlichen, in deren leidenschaftliche Umtriebe auch ein Theil des dortigen Bürgerstandes mit hineingerissen wurde. 85 Der treibende Factor unter ihnen, der auch den Aufstand organisierte, war Johannes, der Sohn eines gewissen Levi, ein Erzbetrüger, der alle Rollen spielen konnte und ebensoschnell dabei war, sich in kühnen Träumen zu wiegen, als er energisch war, das gehoffte Ziel auch zu erreichen, so dass es für Niemand ein Geheimnis war, er wolle den Krieg nur, um sich der Herrschaft zu bemächtigen. 86 So ward er das Haupt der eigentlichen Kriegspartei in Gischala, unter deren Zwang nun auch die Volkspartei, die sich vielleicht unter anderen Umständen sogar zu einer Gesandtschaft wegen der Uebergabe entschlossen haben würde, den Anmarsch der Römer mit den Waffen in der Hand erwartete. 87 Gegen diese Rebellen von Gischala sandte nun Vespasian den Titus mit 1000 Reitern ab, während er die zehnte Legion nach Scythopolis führte 88 und dann in Begleitung der zwei anderen Legionen wieder nach Cäsarea zurückkam. Er wollte denn doch endlich seinen Soldaten einmal eine Erholung von der unausgesetzten Anstrengung gewähren und glaubte gerade in den genannten wohlhabenden Städten Leib und Geist seiner Truppe für die bevorstehende Campagne allmählig wieder kräftigen zu können. 89 War es doch kein kleines Stück Arbeit, das er in der Eroberung Jerusalems noch vor sich sah, da ja Jerusalem die alte Königsstadt, das Haupt der ganzen Nation und damals auch das Stelldichein aller jener war, die der Krieg zur Flucht gezwungen hatte. 90 Schon ihre von Natur aus starke, durch den Bau von Befestigungswerken noch verstärkte Lage machte ihm keine geringe Sorge; sah er aber dann erst auf die Entschlossenheit und Verwegenheit ihrer Vertheidiger, so musste er voraussetzen, dass diese Leute selbst ohne Mauern schon sehr schwer zu bewältigen sein würden: 91 Grund genug, seine Soldaten im vorhinein zu stählen, wie man Ringkämpfer vor dem Kampfe stählt!

92 (2.) Als Titus gegen Gischala herangeritten kam, sah er gleich, dass er die Stadt mit Leichtigkeit im ersten Anlauf nehmen könnte: er wusste aber auch, dass im Falle einer förmlichen Erstürmung die Bevölkerung von der Soldateska rücksichtslos niedergehauen werden würde, während er schon an der bisherigen Schlächterei übergenug hatte und mit der großen Mehrzahl des Volkes Erbarmen fühlte, das da unschuldig mit den Schuldigen ohne Unterschied hingemordet worden wäre. Er wünschte aus diesem Grunde, die Stadt lieber aus dem Wege der Capitulation sich zu unterwerfen. 93 Er hielt nun im Angesichte der Stadtmauer, die von Männern, zumeist freilich der Rotte jener Elenden angehörig, über und über bedeckt war, folgende

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/306&oldid=- (Version vom 1.8.2018)