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des Evangeliums seine ganze Aufmerksamkeit der Einrichtung des Gottesdienstes, und schon am 1. November des Jahres 789 hatte er die Freude, daß er die von ihm mit angemessener Pracht erbaute Hauptkirche zu St. Petri in seinem Bischofssitze feierlich einweihen konnte.

Indessen waren ihm nur zwei Jahre drei Monate und sechsundzwanzig Tage zur Verwaltung des ihm anvertrauten hochwichtigen Amtes vom Schicksale beschieden. Schon längst hatte er des Alters Last und Mühen merklicher zu fühlen begonnen, als er auf einer seiner Visitationsreisen, die er nach dem Bedürfnisse der Neubekehrten seines Kirchensprengels häufig unternahm, zu Blexen an einem heftigen, täglich zunehmenden Fieber erkrankte, welches am 8. November 789 ein sanftes Ende seines thätigen Lebens herbeiführte.

Das aufrichtige und innige Gottesvertrauen, welches den frommen Willehad auf allen Pfaden seines Lebens begleitet hatte, verließ ihn auch in der Stunde des Todes nicht. Als bei den immer heftiger werdenden Fieberanfällen die Hoffnung auf Besserung unter den Seinigen von Tage zu Tage schwächer wurde, äußerte Egisrik, der vertrauteste seiner um ihn ängstlich besorgten Schüler, was doch die neugestiftete Gemeinde und die unerfahrene Geistlichkeit, deren Haupt und einziger Rathgeber er sei, ohne ihn anfangen sollte; er möge sie nicht so früh verlassen, sie würden, wenn er von ihnen schiede, inmitten unter Wölfen, wie eine Heerde ohne Hirten sein. Da erwiederte er dem theilnehmenden Gefährten mit heiterer Ruhe die tröstenden Worte: „O laß mich der Anschauung meines Herrn nicht länger entbehren! Ich verlange nicht länger zu leben und fürchte nicht zu sterben. Ich will nur meinen Herrn, den ich alle Zeit meines Lebens von ganzem Herzen geliebt habe, bitten, daß er mir nach seiner Gnade einen solchen Lohn meiner Arbeit, wie es ihm gefällt, geben möge. Die Schaafe aber, welche er mir anvertraut hat, empfehle ich seinem eigenen Schutze, denn auch ich selbst habe das Gute, was ich etwa zu thun vermochte, in seiner Kraft vollbracht. So wird auch euch die Gnade dessen nicht fehlen, von dessen Barmherzigkeit die Erde voll ist.“

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 052. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_052.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)