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das Gotteshaus. Selbst Herzog Heinrich, vielleicht der stolzeste Mann in Deutschland, begegnete dem Cardinal mit zur Schau getragener Demuth. Diese Wahrnehmungen verfehlten ihren Eindruck auf das Gemüth des Knaben nicht. Er sah in den Cardinal etwas Höheres, als ihm bisher entgegen getreten war, und um in dem Glanze dieses neuen Lichtes sich sonnen zu können, reisete er ihm in dem folgenden Jahre entgegen, schloß sich ihm an und verrichtete in Lübeck bei ihm die Geschäfte eines Subdiakonen. Bei dem Einzuge des Cardinals in Bremen am Himmelfahrstage prangte der sechszehnjährige Knabe als Coadjutor des Erzbischofs. Der Widerwille gegen den geistlichen Stand war überwunden.

Entschlossen, ein Würdenträger, nicht ein Diener der Kirche zu werden, wurde Christoph von seinem Vater in dem Streben nach möglichster Ausdehnung der Herrschaft unterstützt. Er war zum Nachfolger des Erzbischofs Johannes von Bremen designirt und erhielt nach und nach Antheil an dessen Geschäften. Als der Bischof Barthold von Verden gestorben war, schien die Erledigung, dieses Bisthums eine passende Gelegenheit darzubieten, die Macht Christophs zu vergrößern. Die Mehrzahl der Domherren in Verden war aber seiner Wahl abgeneigt. Sie sahen keinen Vortheil in der Vereinigung beider Bisthümer und konnten weder in der Persönlichkeit Herzog Heinrichs, noch in der seines Sohnes viel Heil für sich und ihre Kirche erblicken. Heimlich versammelten sie sich, entschlossen, eine passendere Wahl vorzunehmen. Plötzlich trat der Herzog, von einigen Freunden benachrichtigt, in ihren Kreis und wußte durch seine persönliche Erscheinung, durch freundliches Erbieten, große Geschenke und durch ein Uebermaß von Versprechungen den Zweck zu erreichen. Sein Sohn wurde zum Bischof von Verden erwählt. Es war aber vom Domkapitel ein großes Versehen begangen. Die bischöfliche Macht, schon früher beschränkt genug, wurde in den Verhandlungen mit dem Herzog Heinrich auf ein solches Mindestmaß gebracht, daß ein unbefangenes Auge die trüben Folgen voraussehen konnte. Es ist fraglich, ob ein so ungebändigter Charakter, wie Christoph ihn

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Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 099. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_099.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)