Seite:Köster Alterthümer 109.png

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wie es scheint, viel Ueberwindung kostete. Ihm ward es schwer, denn es war ihm ernst mit der Sache. Er konnte die katholischen Rückstände, welche in seiner Seele hafteten, so schnell nicht ausscheiden. Von Unruhe und Zweifel lange umhergetrieben, faßte er endlich den Entschluß, nach Wittenberg zu wandern und bei Luther selbst und dessen Amtsgenossen sich Raths zu erholen, um aus der Unentschiedenheit seines Gemüths heraus zu kommen. Er nahm Abschied von Frau und Kind und kam nach Wittenberg. Eine unglücklichere Zeit hätte er nicht treffen können. Der Bauernkrieg[1] stand in hellen Flammen, und Luther hatte alle Hände voll zu thun, um Frieden herzustellen. Er konnte sich um die Herzensbedrängnisse eines fremden Mönchs wenig kümmern. Bruder Johann hielt sich kurze Zeit in Wittenberg auf, hörte die lutherischen Prediger, welche aber mit der Unruhe des Vaterlandes sich in ihren Reden beschäftigten und auf die Gründung und Festigung einer einzelnen Seele keine Rücksicht nahmen. Bruder Johann waren die damaligen Zeitläufte gleichgültig, ihm lag daran, der eigenen Unruhe entledigt zu werden. Das konnte ihm unter den zeitigen Umständen in Wittenberg nicht gelingen. Traurig, verstimmt, zweifelnder als zuvor, machte er sich auf den Rückweg.

Wir können erkennen, in welchem Uebergangszustande sich sein Geist damals befand. In Wittenberg kaufte er eine Menge von Luthers Schriften und nannte sich auch seinen erklärten Anhänger; unterwegs aber sammelte er mancherlei Reliquien, welche durch die Reformation ihren Werth verloren hatten, und brachte deren auf seiner Reise durch Sachsen eine Menge zusammen. Luthers Schriften und diese katholischen Heiligthümer – an hundert Stück – packte er in ein großes Faß und reisete damit zurück. Sein Geist war noch nicht im Stande, von der Verehrung der Reliquien sich loszusagen; er sollte die Gegenstände verachten, vor denen er so lange Jahre geknieet und gebetet hatte – das ward ihm zu schwer.

Auf seiner Rückreise kam Bruder Johann nach Verden. Daselbst regierte in jener Zeit Christoph, ein geborner Herzog von Braunschweig und Lüneburg, zugleich


  1. Vorlage: Bauernkreig
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_109.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)