Seite:Köster Alterthümer 235.png

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Der Pilger, widerstrebend, gab seiner selbstsüchtigen Wirthin herrischem Verlangen zuletzt nach, jedoch mit dem warnenden Bemerken und Bevorworten, daß ihre trotzige unverdiente Forderung, ohne vorgängigen bußfertigen Sinn und Wandel, ihr kein Heil, sondern nur Verderben bringen werde, und entfernte sich mit dieser ernsten Mahnung seines Wegs. Die Wirthin, über diesen Ausspruch des Pilgers sofort heftig erbost, ergriff eilig in ihrem Zorne einen nahestehenden Eimer mit Wasser, solchen dem Fortwandelnden unter Verwünschungen und Flüchen nachgießend. Aber von Stund an nahm diese ihre erste Arbeit des Wassergießens kein Ende, der Eimer blieb in ihren Händen, das Wasser ergoß sich und entquoll demselben, bis Kloster und Stadt den Untergang gefunden, wo jetzt der See fluthet.

Als das geschah und sich begab, war es um die Osterzeit, bei deren wiederkehrendem Eintritte im Frühlinge der See stets besonders weithin zu sausen und mit den Wellen zu rauschen pflegt, weshalb man hauptsächlich in der Osternacht die Glocken des versunkenen Klosters, von den Wellen bewegt, aus der Tiefe des Sees dumpf vernehmbar ertönen glaubt.

3.

Bei den Bewohnern des reichen Dorfes Balk war vor Zeiten Uebermuth und Mißachtung von Gottes Wort im Wachsen; sie besuchten keinen Gottesdienst mehr, hielten bei ihrer Kirche keinen Prediger, und wenn dennoch ein benachbarter freiwillig zu ihnen kam, suchten sie durch Spott ihn zu vertreiben. So hatten jene Dorfleute, ihren Spott des Heiligen auf’s Höchste zu steigern, eines Tages den Geistlichen beschickt und aufgefordert, er möge zu ihnen kommen, einem bußfertigen Kranken das heilige Abendmahl zu ertheilen. Als nun der Geistliche, ihrer Botschaft willig folgend, herbeigekommen, ward er mit den Sacramenten an das Krankenbett geführt, fand jedoch hier alsbald zu seinem Entsetzen, unter höhnendem Jubel der Dorfbewohner, statt des bußfertigen Kranken ein als Mensch verkleidetes Schwein im Bette liegend. Nahen baldigen Untergang bei’m erfüllten Maaße ihrer Sünden prophezeiend,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_235.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)