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12 Einleitung. 12

überhaupt beschäftigt. Ein System solcher Begriffe würde Transscendental-Philosophie heißen. Diese ist aber wiederum vor den Anfang zu viel. Denn weil eine solche Wissenschaft so wol die analytische Erkentniß, als die synthetische a priori vollständig enthalten müßte, so ist sie, in so fern es unsre Absicht betrift, von zu weitem Umfange, indem wir die Analysis nur so weit treiben dürfen, als sie unentbehrlich nöthig ist, um die Principien der Synthesis a priori, als warum es uns nur zu thun ist, in ihrem ganzen Umfange einzusehen. Diese Untersuchung, die wir eigentlich nicht Doctrin, sondern nur transcendentale Critik nennen können, weil sie nicht die Erweiterung der Erkentnisse selbst, sondern nur die Berichtigung derselben zur Absicht hat, und den Probierstein des Werths oder Unwerths aller Erkentnisse a priori abgeben soll, ist das, womit wir uns iezt beschäftigen. Eine solche Critik ist demnach eine Vorbereitung, wo möglich, zu einem Organon, und, wenn dieses nicht gelingen sollte, wenigstens zu einem Canon derselben, nach welchen allenfalls dereinst das vollständige System der Philosophie der reinen Vernunft, es mag nun in Erweiterung oder blosser Begrenzung ihrer Erkentniß bestehen, so wol analytisch, als synthetisch dargestellt werden könnte. Denn daß dieses möglich sey, ia daß ein solches System von nicht gar grossem Umfange seyn könne, um zu hoffen, es ganz zu vollenden, läßt sich schon zum voraus daraus ermessen, daß hier nicht die Natur der Dinge, welche unerschöpflich

ist, ist,
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 012. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_012.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)