Seite:Kant Critik der reinen Vernunft 077.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
77 III. Absch. Von den reinen Verstbegr. oder Categ. 77

Aesthetik ihr darbietet, um zu den reinen Verstandesbegriffen einen Stoff zu geben, ohne den sie ohne allen Inhalt, mithin völlig leer seyn würde. Raum und Zeit enthalten nun ein Mannigfaltiges der reinen Anschauung a priori, gehören aber gleichwohl zu den Bedingungen der Receptivität unseres Gemüths, unter denen es allein Vorstellungen von Gegenständen empfangen kan, die mithin auch den Begriff derselben iederzeit afficiren müssen. Allein die Spontaneität unseres Denkens erfodert es, daß dieses Mannigfaltige zuerst auf gewisse Weise durchgegangen, aufgenommen, und verbunden werde, um daraus eine Erkentniß zu machen. Diese Handlung nenne ich Synthesis.

.

 Ich verstehe aber unter Synthesis in der allgemeinsten Bedeutung die Handlung, verschiedene Vorstellungen zu einander hinzuzuthun, und ihre Mannigfaltigkeit in einer Erkentniß zu begreifen. Eine solche Synthesis ist rein, wenn das Mannigfaltige nicht empirisch, sondern a priori gegeben ist (wie das im Raum und der Zeit). Vor aller Analysis unserer Vorstellungen müssen diese zuvor gegeben seyn, und es können keine Begriffe dem Inhalte nach analytisch entspringen. Die Synthesis eines Mannigfaltigen aber (es sey empirisch oder a priori gegeben) bringt zuerst eine Erkentniß hervor, die zwar anfänglich noch roh und verworren seyn kan, und also der Analysis bedarf; allein die Synthesis ist doch dasienige, was eigentlich die Elemente zu Erkentnissen sammlet und zu einem gewissen

In-
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 077. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_077.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)