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184 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. 184

oder wechseln kan, gehört nur zu der Art, wie diese Substanz oder Substanzen existiren, mithin zu ihren Bestimmungen.

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 Ich finde, daß zu allen Zeiten nicht blos der Philosoph, sondern selbst der gemeine Verstand diese Beharrlichkeit, als ein Substratum alles Wechsels der Erscheinungen, vorausgesezt haben, und auch iederzeit als ungezweifelt annehmen werden, nur daß der Philosoph sich hierüber etwas bestimter ausdrükt, indem er sagt: bey allen Veränderungen in der Welt bleibt die Substanz, und nur die Accidenzen wechseln. Ich treffe aber von diesem so synthetischen Satze nirgends auch nur den Versuch von einem Beweise, ia er steht auch nur selten, wie es ihm doch gebührt, an der Spitze der reinen und völlig a priori bestehenden Gesetze der Natur. In der That ist der Satz: daß die Substanz beharrlich sey, tavtologisch. Denn blos diese Beharrlichkeit ist der Grund, warum wir auf die Erscheinung die Categorie der Substanz anwenden, und man hätte beweisen müssen: daß in allen Erscheinungen etwas Beharrliches sey, an welchem das Wandelbare nichts als Bestimmung seines Daseyns ist. Da aber ein solcher Beweis niemals dogmatisch, d. i. aus Begriffen geführt werden kan, weil er einen synthetischen Satz a priori betrift, und man niemals daran dachte, daß dergleichen Sätze nur in Beziehung auf mögliche Erfahrung gültig seyn, mithin auch nur durch eine Deduction der Möglichkeit

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_184.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)