Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe. | 273 |
ist ein ganz wahrer Satz, von dem Verhältnisse der Begriffe, bedeutet aber, weder in Ansehung der Natur, noch überall in Ansehung irgend eines Dinges an sich selbst (von diesem haben wir gar keinen Begriff) das mindeste. Denn der reale Widerstreit findet allerwerts statt, wo A - B = 0 ist, d. i. wo eine Realität mit der andern, in einem Subiect verbunden, eine die Wirkung der andern aufhebt, welches alle Hindernisse und Gegenwirkungen in der Natur unaufhörlich vor Augen legen, die gleichwol, da sie auf Kräften beruhen, realitates phaenomena genant werden müssen. Die allgemeine Mechanik kan so gar die empirische Bedingung dieses Widerstreits in einer Regel a priori angeben, indem sie auf die Entgegensetzung der Richtungen sieht: eine Bedingung, von welcher der transscend. Begriff der Realität gar nichts weiß. Obzwar Herr von Leibnitz diesen Satz nicht eben mit dem Pomp eines neuen Grundsatzes ankündigte, so bediente er sich doch desselben zu neuen Behauptungen, und seine Nachfolger trugen ihn ausdrücklich in ihre Leibnitzwolffianische Lehrgebäude ein. Nach diesem Grundsatze sind z. E. alle Uebel nichts als Folgen von den Schranken der Geschöpfe, d. i. Negationen, weil diese das einzige Widerstreitende der Realität seyn, (in dem blossen Begriffe eines Dinges überhaupt, ist es auch wirklich so, aber nicht in den Dingen als Erscheinungen). Imgleichen finden die Anhänger desselben es nicht allein möglich, sondern auch natürlich, alle Realität, ohne irgend einen besorglichen Widerstreit, in
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_273.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)