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313 I. Abschnitt. Von den Ideen überhaupt. 313

Unterscheidung von andern verwandten Begriffen von grosser Wichtigkeit ist, so ist es rathsam, damit nicht verschwenderisch umzugehen, oder es blos zur Abwechselung synonimisch statt anderer zu gebrauchen, sondern ihm seine eigenthümliche Bedeutung sorgfältig aufzubehalten; weil es sonst leichtlich geschieht: daß, nachdem der Ausdruck die Aufmerksamkeit nicht besonders beschäftigt, sondern sich unter dem Haufen anderer von sehr abweichender Bedeutung verliert, auch der Gedanke verloren gehe, den er allein hätte aufbehalten können.

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 Plato bediente sich des Ausdrucks Idee so: daß man wol sieht, er habe darunter etwas verstanden, was nicht allein niemals von den Sinnen entlehnt wird, sondern welches so gar die Begriffe des Verstandes, mit denen sich Aristoteles beschäftigte, weit übersteigt, indem in der Erfahrung niemals etwas damit Congruirendes angetroffen wird. Die Ideen sind bey ihm Urbilder der Dinge selbst, und nicht blos Schlüssel zu möglichen Erfahrungen, wie die Categorien. Nach seiner Meinung flossen sie aus der höchsten Vernunft aus, von da sie der menschlichen zu Theil geworden, die sich aber iezt nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustande befindet, sondern mit Mühe die alte, iezt sehr verdunkelte Ideen, durch Erinnerung (die Philosophie heißt) zurückruffen muß. Ich will mich hier in keine litterarische Untersuchung einlassen, um den Sinn auszumachen, den der erhabene Philosoph mit seinem Ausdrucke

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Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_313.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)