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324 Elementarl. II. Th. II. Abth. I. Buch. 324

 Indem wir aber hier von der Totalität der Bedingungen und dem Unbedingten, als dem gemeinschaftlichen Titel aller Vernunftbegriffe reden, so stoßen wir wiederum auf einen Ausdruck, den wir nicht entbehren und gleichwol, nach einer ihm durch langen Mißbrauch anhängenden Zweideutigkeit, nicht sicher brauchen können. Das Wort absolut ist eines von den wenigen Wörtern, die in ihrer uranfänglichen Bedeutung einem Begriffe angemessen worden, welchem nach der Hand gar kein anderes Wort eben derselben Sprache genau anpaßt, und dessen Verlust, oder welches eben so viel ist, sein schwankender Gebrauch daher auch den Verlust des Begriffs selbst nach sich ziehen muß, und zwar eines Begriffs, der, weil er die Vernunft gar sehr beschäftigt, ohne großen Nachtheil aller transscendentalen Beurtheilungen nicht entbehrt werden kan. Das Wort absolut wird iezt öfters gebraucht, um blos anzuzeigen: daß etwas von einer Sache an sich selbst betrachtet und also innerlich gelte. In dieser Bedeutung würde absolutmöglich das bedeuten, was an sich selbst (interne) möglich ist, welches in der That das wenigste ist, was man von einem Gegenstande sagen kan. Dagegen wird es auch bisweilen gebraucht, um anzuzeigen, daß etwas in aller Beziehung (uneingeschränkt) gültig ist, (z. B. die absolute Herrschaft) und absolutmöglich würde in dieser Bedeutung dasienige bedeuten, was in aller Absicht in aller Beziehung möglich ist, welches wiederum das meiste ist, was ich über die Möglichkeit eines Dinges

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_324.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)