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346 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. 346

Ich, von der man nicht einmal sagen kan: daß sie ein Begriff sey, sondern ein blosses Bewustseyn, das alle Begriffe begleitet. Durch dieses Ich, oder Er, oder Es (das Ding) welches denket, wird nun nichts weiter, als ein transscendentales Subiect der Gedanken vorgestellt = X, welches nur durch die Gedanken, die seine Prädicate sind, erkant wird und wovon wir, abgesondert, niemals den mindesten Begriff haben können, um welches wir uns daher in einem beständigen Cirkel herumdrehen, indem wir uns seiner Vorstellung iederzeit schon bedienen müssen, um irgend etwas von ihm zu urtheilen; eine Unbequemlichkeit, die davon nicht zu trennen ist, weil das Bewustseyn an sich nicht sowol eine Vorstellung ist, die ein besonderes Obiect unterscheidet, sondern eine Form derselben überhaupt, so fern sie Erkentniß genant werden soll; denn von der allein kan ich sagen, daß ich dadurch irgend etwas denke.

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 Es muß aber gleich anfangs befremdlich scheinen: daß die Bedingung, unter der ich überhaupt denke und die mithin blos eine Beschaffenheit meines Subiects ist, zugleich für alles, was denkt, gültig seyn solle, und daß wir auf einen empirisch scheinenden Satz ein apodictisches und allgemeines Urtheil zu gründen uns anmassen können, nemlich: daß alles, was denkt, so beschaffen sey, als der Ausspruch des Selbstbewustseyns es an mir aussagt. Die Ursache aber hievon liegt darin: daß wir den Dingen a priori alle die Eigenschaften nothwendig beilegen müssen,

die
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_346.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)