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357 I. Hauptst. V. d. Paralogismen d. r. Vernunft. 357

ob man gleich diesem Cardinalsatze der rationalen Seelenlehre, in der reinen Bedeutung eines blossen Vernunfturtheils, (aus reinen Categorien), alle obiective Gültigkeit einräumt, (alles, was denkt, ist einfache Substanz), dennoch nicht der mindeste Gebrauch von diesem Satze, in Ansehung der Ungleichartigkeit, oder Verwandschaft derselben mit der Materie, gemacht werden könne: so wird dieses eben so viel seyn, als ob ich diese vermeintliche psychologische Einsicht in das Feld blosser Ideen verwiesen hätte, denen es an Realität des obiectiven Gebrauchs mangelt.

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 Wir haben in der transscendentalen Aesthetik unläugbar bewiesen: daß Cörper blosse Erscheinungen unseres äusseren Sinnes, und nicht Dinge an sich selbst sind. Diesem gemäß können wir mit Recht sagen: daß unser denkendes Subiect nicht körperlich sey, das heißt: daß, da es als Gegenstand des inneren Sinnes von uns vorgestellet wird, es, in so fern als es denkt, kein Gegenstand äusserer Sinne, d. i. keine Erscheinung im Raume seyn könne. Dieses will nun so viel sagen: es können uns niemals unter äusseren Erscheinungen denkende Wesen, als solche, vorkommen, oder, wir können ihre Gedanken, ihr Bewustseyn, ihre Begierden etc. nicht äusserlich anschauen; denn dieses gehört alles vor den innern Sinn. In der That scheint dieses Argument auch das natürliche und populäre, worauf selbst der gemeinste Verstand von

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_357.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)