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462 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 462
Der
Antinomie der reinen Vernunft
Dritter Abschnitt.
Von dem
Interesse der Vernunft bey diesem ihrem
Widerstreite.

Da haben wir nun das ganze dialectische Spiel der cosmologischen Ideen, die es gar nicht verstatten, daß ihnen ein congruirender Gegenstand in irgend einer möglichen Erfahrung gegeben werde, ia nicht einmal, daß die Vernunft sie einstimmig mit allgemeinen Erfahrungsgesetzen denke, die gleichwol doch nicht willkührlich erdacht sind, sondern auf welche die Vernunft im continuirlichen Fortgange der empirischen Synthesis nothwendig geführt wird, wenn sie das, was nach Regeln der Erfahrung iederzeit nur bedingt bestimt werden kan, von aller Bedingung befreien und in seiner unbedingten Totalität fassen will. Diese vernünftelnde Behauptungen sind so viel Versuche, vier natürliche und unvermeidliche Problemen der Vernunft aufzulösen, deren es also nur gerade so viel, nicht mehr auch nicht weniger, geben kan, weil es nicht mehr Reihen synthetischer Voraussetzungen giebt, welche die empirische Synthesis a priori begränzen.

 Wir haben die glänzende Anmassungen, der ihr Gebiete über alle Gränzen der Erfahrung erweiternden Vernunft, nur in trockenen Formeln, welche blos den Grund

ihrer
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 462. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_462.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)