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540 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 540

es auch nicht dem Gesetze aller Zeitbestimmung, alles Veränderlichen, unterworfen seyn: daß alles, was geschieht, in den Erscheinungen (des vorigen Zustandes) seine Ursache antreffe. Mit einem Worte, die Caussalität desselben, so fern sie intellectuel ist, stände gar nicht in der Reihe empirischer Bedingungen, welche die Begebenheit in der Sinnenwelt nothwendig machen. Dieser intelligibele Character könte zwar niemals unmittelbar gekant werden, weil wir nichts wahrnehmen können, als so fern es erscheint, aber er würde doch dem empirischen Character gemäß gedacht werden müssen, so wie wir überhaupt einen transscendentalen Gegenstand den Erscheinungen in Gedanken zum Grunde legen müssen, ob wir zwar von ihm, was er an sich selbst sey, nichts wissen.

 Nach seinem empirischen Character würde also dieses Subiect, als Erscheinung, allen Gesetzen der Bestimmung nach, der Caussalverbindung unterworfen seyn und es wäre so fern nichts, als ein Theil der Sinnenwelt, dessen Wirkungen, so wie iede andere Erscheinung, aus der Natur unausbleiblich abflössen. So wie äussere Erscheinungen in dasselbe einflössen, wie sein empirischer Character, d. i. das Gesetz seiner Caussalität, durch Erfahrung erkant wäre, müßten sich alle seine Handlungen nach Naturgesetzen erklären lassen und alle Requisite zu einer vollkommenen und nothwendigen Bestimmung derselben müßten in einer möglichen Erfahrung angetroffen werden.

Nach
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 540. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_540.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)