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560 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 560

Wesen, als Bedingung des Daseyns der Erscheinungen der Sinnenwelt, niemals statt finden könte.

 Es hat aber der dynamische Regressus dieses Eigenthümliche und Unterscheidende von dem mathematischen an sich: daß, da dieser es eigentlich nur mit der Zusammensetzung der Theile zu einem Ganzen, oder der Zerfällung eines Ganzen in seine Theile, zu thun hat, die Bedingungen dieser Reihe immer als Theile derselben, mithin als gleichartig, folglich als Erscheinungen angesehen werden müssen, an statt daß in ienem Regressus, da es nicht um die Möglichkeit eines unbedingten Ganzen aus gegebenen Theilen, oder eines unbedingten Theils zu einem gegebenen Ganzen, sondern um die Ableitung eines Zustandes von seiner Ursache, oder des zufälligen Daseyns der Substanz selbst von der nothwendigen zu thun ist, die Bedingung nicht eben nothwendig mit dem Bedingten eine empirische Reihe ausmachen dürfe.

 Also bleibt uns, bey der vor uns liegenden scheinbaren Antinomie, noch ein Ausweg offen: da nemlich alle beide einander widerstreitende Sätze in verschiedener Beziehung zugleich wahr seyn können, so, daß alle Dinge der Sinnenwelt durchaus zufällig sind, mithin auch immer nur empirischbedingte Existenz haben, gleichwol von der ganzen Reihe, auch eine nichtempirische Bedingung, d. i. ein unbedingtnothwendiges Wesen statt finde. Denn dieses würde, als intelligibele Bedingung, gar nicht zur Reihe als ein Glied derselben (nicht einmal als das oberste Glied)

gehö-
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 560. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_560.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)