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588 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 588

gegebenen Existenz (allenfals auch blos meiner eigenen) ein richtiger Schluß auf die Existenz eines unbedingtnothwendigen Wesens statt finde, zweitens: daß ich ein Wesen, welches alle Realität, mithin auch alle Bedingung enthält, als schlechthin unbedingt ansehen müsse, folglich der Begriff des Dinges, welches sich zur absoluten Nothwendigkeit schickt, hiedurch gefunden sey: so kan daraus doch gar nicht geschlossen werden, daß der Begriff eines eingeschränkten Wesens, das nicht die höchste Realität hat, darum der absoluten Nothwendigkeit widerspreche. Denn, ob ich gleich in seinem Begriffe nicht das Unbedingte antreffe, was das All der Bedingungen schon bey sich führt, so kan daraus doch gar nicht gefolgert werden, daß sein Daseyn eben darum bedingt seyn müsse; so wie ich in einem hypothetischen Vernunftschlusse nicht sagen kan: wo eine gewisse Bedingung (nemlich hier der Vollständigkeit nach Begriffen) nicht ist, da ist auch das Bedingte nicht. Es wird uns vielmehr unbenommen bleiben, alle übrige eingeschränkte Wesen eben so wol vor unbedingt nothwendig gelten zu lassen, ob wir gleich ihre Nothwendigkeit aus dem allgemeinen Begriffe, den wir von ihnen haben, nicht schliessen können. Auf diese Weise aber hätte dieses Argument uns nicht den mindesten Begriff von Eigenschaften eines nothwendigen Wesens verschaft und überall gar nichts geleistet.

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 Gleichwol bleibt diesem Argumente eine gewisse Wichtigkeit und ein Ansehen, das ihm, wegen dieser obiectiven

Unzu-
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 588. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_588.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)