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633 VII. Absch. Critik aller speculativen Theologie. 633

und Freiheit der Urheber der Dinge seyn soll, zu verstehen gewohnt ist, und auch dieser Begriff allein uns interessirt, so könte man, nach der Strenge, dem Deisten allen Glauben an Gott absprechen und ihm lediglich die Behauptung eines Urwesens, oder obersten Ursache übrig lassen. Indessen, da niemand darum, weil er etwas sich nicht zu behaupten getraut, beschuldigt werden darf, er wolle es gar läugnen, so ist es gelinder und billiger zu sagen: der Deist glaube einen Gott, der Theist aber einen lebendigen Gott (summam intelligentiam). Jezt wollen wir die mögliche Quellen aller dieser Versuche der Vernunft aufsuchen.

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 Ich begnüge mich hier, die theoretische Erkentniß durch eine solche zu erklären, wodurch ich erkenne, was da ist, die practische aber, dadurch ich mir vorstelle, was da seyn soll. Diesemnach ist der theoretische Gebrauch der Vernunft derienige, durch den ich a priori (als nothwendig) erkenne, daß etwas sey, der practische aber, durch den a priori erkant wird, was geschehen solle. Wenn nun entweder, daß etwas sey, oder geschehen solle, ungezweifelt gewiß, aber doch nur bedingt ist: so kan doch entweder eine gewisse bestimte Bedingung dazu schlechthin nothwendig seyn, oder sie kan nur als beliebig und zufällig vorausgesezt werden. Im ersteren Falle wird die Bedingung postulirt, (per thesin), im zweiten supponirt (per hypothesin). Da es practische Gesetze giebt, die schlechthin nothwendig sind (die moralische), so muß,

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Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 633. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_633.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)