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692 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 692

die physischmechanische Verknüpfung nach allgemeinen Gesetzen verfolgen dürfen. Denn so allein kan das Princip der zweckmässigen Einheit den Vernunftgebrauch in Ansehung der Erfahrung iederzeit erweitern, ohne ihm in irgend einem Falle Abbruch zu thun.

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 Der zweite Fehler, der aus der Mißdeutung des gedachten Princips der systematischen Einheit entspringt, ist der der verkehrten Vernunft (peruersa ratio, ὕστερον πρότερον rationis). Die Idee der systematischen Einheit solte nur dazu dienen, um als regulatives Princip sie in der Verbindung der Dinge nach allgemeinen Naturgesetzen zu suchen und, so weit sich etwas davon auf dem empirischen Wege antreffen läßt, um so viel auch zu glauben, daß man sich der Vollständigkeit ihres Gebrauchs genähert habe, ob man sie freilich niemals erreichen wird. Anstatt dessen kehrt man die Sache um und fängt davon an, daß man die Wirklichkeit eines Princips der zweckmässigen Einheit als hypostatisch zum Grunde legt, den Begriff einer solchen höchsten Intelligenz, weil er an sich gänzlich unerforschlich ist, anthropomorphistisch bestimt und denn der Natur Zwecke, gewaltsam und dictatorisch, aufdringt, anstatt sie, wie billig, auf dem Wege der physischen Nachforschung zu suchen, so daß nicht allein Teleologie, die blos dazu dienen solte, um die Natureinheit nach allgemeinen Gesetzen zu ergänzen, nun vielmehr dahin wirkt, sie aufzuheben,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 692. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_692.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)