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723 Die Disciplin der reinen Vernunft im dogm. etc. 723

 So giebt es denn einen doppelten Vernunftgebrauch, der, unerachtet der Allgemeinheit der Erkentniß und ihrer Erzeugung a priori, welche sie gemein haben, dennoch im Fortgange sehr verschieden ist, und zwar darum, weil in der Erscheinung, als wodurch uns alle Gegenstände gegeben werden, zwey Stücke sind: die Form der Anschauung (Raum und Zeit), die völlig a priori erkant und bestimt werden kan, und die Materie (das Physische) oder der Gehalt, welcher ein Etwas bedeutet, das im Raume und der Zeit angetroffen wird, mithin ein Daseyn enthält und der Empfindung correspondirt. In Ansehung des lezteren, welches niemals anders auf bestimte Art, als empirisch gegeben werden kan, können wir nichts a priori haben, als unbestimte Begriffe der Synthesis möglicher Empfindungen, so fern sie zur Einheit der Apperception (in einer möglichen Erfahrung) gehören. In Ansehung der erstern können wir unsere Begriffe in der Anschauung a priori bestimmen, indem wir uns im Raume und der Zeit die Gegenstände selbst durch gleichförmige Synthesis schaffen, indem wir sie blos als Quanta betrachten. Jener heißt der Vernunftgebrauch nach Begriffen, indem wir nichts weiter thun können, als Erscheinungen dem realen Inhalte nach unter Begriffe zu bringen, welche darauf nicht anders als empirisch, d. i. a posteriori, (aber ienen Begriffen als Regeln einer empirischen Synthesis gemäß) können bestimt werden; dieser ist der Vernunftgebrauch durch Construction der Begriffe,

griffe, Zz 2 griffe,
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 723. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_723.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)