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834 Methodenlehre I. Hauptst. I. Absch. 834

sich dazu bequemen, ihre Befugniß wegen derselben durch gründliche Deduction zu rechtfertigen.

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 3. Von den Demonstrationen. Nur ein apodictischer Beweis, so fern er intuitiv ist, kan Demonstration heissen. Erfahrung lehrt uns wol, was da sey, aber nicht, daß es gar nicht anders seyn könne. Daher können empirische Beweisgründe keinen apodictischen Beweis verschaffen. Aus Begriffen a priori (im discursiven Erkentnisse) kan aber niemals anschauende Gewißheit, d. i. Evidenz entspringen, so sehr auch sonst das Urtheil apodictisch gewiß seyn mag. Nur die Mathematik enthält also Demonstrationen, weil sie nicht aus Begriffen, sondern der Construction derselben, d. i. der Anschauung, die, den Begriffen entsprechend a priori gegeben werden kan, ihr Erkentniß ableitet. Selbst das Verfahren der Algeber mit ihren Gleichungen, aus denen sie durch Reduction die Wahrheit zusamt dem Beweise hervorbringt, ist zwar keine geometrische, aber doch characteristische Construction, in welcher man an den Zeichen die Begriffe, vornehmlich von dem Verhältnisse der Grössen, in der Anschauung darlegt und, ohne einmal auf das hevristische zu sehen, alle Schlüsse vor Fehlern dadurch sichert, daß ieder derselben vor Augen gestellt wird. Da hingegen das philosophische Erkentniß dieses Vortheils entbehren muß, indem es das Allgemeine iederzeit in abstracto (durch Begriffe) betrachten muß, indessen daß Mathematik das Allgemeine in concreto (in der einzelnen Anschauung) und doch durch reine Vorstellung

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 734. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_734.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)