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745 Die Disciplin der reinen Vernunft im polem. etc. 745

Glaubens zu sprechen, wenn ihr gleich die des Wissens habt aufgeben müssen.

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 Wenn man den kaltblütigen, zum Gleichgewichte des Urtheils eigentlich geschaffenen David Hume fragen solte: was bewog euch, durch mühsam ergrübelte Bedenklichkeiten, die vor den Menschen so tröstliche und nützliche Ueberredung, daß ihre Vernunfteinsicht zur Behauptung und dem bestimten Begriff eines höchsten Wesens zulange, zu untergraben? so würde er antworten: nichts, als die Absicht, die Vernunft in ihrer Selbsterkentniß weiter zu bringen und zugleich ein gewisser Unwille über den Zwang, den man der Vernunft anthun will, indem man mit ihr groß thut und sie zugleich hindert, ein freimüthiges Geständniß ihrer Schwächen abzulegen, die ihr bey der Prüfung ihrer selbst offenbar werden. Fragt ihr dagegen den, den Grundsätzen des empirischen Vernunftgebrauchs allein ergebenen, und aller transscendenten Speculation abgeneigten Priestley, was er vor Bewegungsgründe gehabt habe, unserer Seele Freiheit und Unsterblichkeit (die Hoffnung des künftigen Lebens ist bey ihm nur die Erwartung eines Wunders der Wiedererweckung), zwey solche Grundpfeiler aller Religion niederzureissen, er, der selbst ein frommer und eifriger Lehrer der Religion ist, so würde er nichts anders antworten können, als: das Interesse der Vernunft, welche dadurch verliert, daß man gewisse Gegenstände den Gesetzen der materiellen Natur, den einzigen, die wir genau kennen und bestimmen können,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 745. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_745.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)