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753 Die Disciplin der reinen Vernunft im polem. etc. 753

Wichtigkeit geben, die sie gar nicht haben solten. Wenn ich höre: daß ein nicht gemeiner Kopf die Freiheit des menschlichen Willen, die Hoffnung eines künftigen Lebens, und das Daseyn Gottes wegdemonstrirt haben solte, so bin ich begierig, das Buch zu lesen, denn ich erwarte von seinem Talent, daß er meine Einsichten weiter bringen werde. Das weis ich schon zum voraus völlig gewiß: daß er nichts von allem diesem wird geleistet haben, nicht darum, weil ich etwa schon im Besitze unbezwinglicher Beweise dieser wichtigen Sätze zu seyn glaubete, sondern weil mich die transscendentale Critik, die mir den ganzen Vorrath unserer reinen Vernunft aufdeckte, völlig überzeugt hat, daß, so wie sie zu beiahenden Behauptungen in diesem Felde ganz unzulänglich ist, so wenig und noch weniger werde sie wissen, um über diese Fragen etwas verneinend behaupten zu können. Denn, wo will der angebliche Freigeist seine Kentniß hernehmen, daß es z. B. kein höchstes Wesen gebe. Dieser Satz liegt ausserhalb dem Felde möglicher Erfahrung, und darum auch ausser den Gränzen aller menschlichen Einsicht. Den dogmatischen Vertheidiger der guten Sache gegen diesen Feind würde ich gar nicht lesen, weil ich zum voraus weis: daß er nur darum die Scheingründe des anderen angreifen werde, um seinen eigenen Eingang zu verschaffen, über dem ein alltägiger Schein doch nicht so viel Stoff zu neuen Bemerkungen giebt, als ein befremdlicher und sinnreich ausgedachter. Hingegen würde der, nach seiner Art, auch dogmatische

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 753. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_753.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)