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764 Methodenlehre I. Hauptst. II. Absch. 764

der Vernunft sind Facta, die der Censur zu unterwerfen immer nützlich ist. Dieses aber kan nichts über die Erwartungen der Vernunft entscheiden, einen besseren Erfolg ihrer künftigen Bemühungen zu hoffen und darauf Ansprüche zu machen; die blosse Censur kan also die Streitigkeit über die Rechtsame der menschlichen Vernunft niemals zu Ende bringen.

 Da Hume, vielleicht der geistreichste unter allen Sceptikern und ohne Widerrede der vorzüglichste in Ansehung des Einflusses ist, den das sceptische Verfahren auf die Erweckung einer gründlichen Vernunftprüfung haben kan, so verlohnt es wol der Mühe, den Gang seiner Schlüsse und die Verirrungen eines einsehenden und schätzbaren Mannes, die doch auf der Spur der Wahrheit angefangen haben, so weit es zu meiner Absicht schicklich ist, vorstellig zu machen.

 Hume hatte es vielleicht in Gedanken, wiewol er es niemals völlig entwickelte: daß wir in Urtheilen von gewisser Art, über unseren Begriff vom Gegenstande hinaus gehen. Ich habe diese Art von Urtheilen synthetisch genant. Wie ich aus meinem Begriffe, den ich bis dahin habe, vermittelst der Erfahrung hinausgehen könne, ist keiner Bedenklichkeit unterworfen. Erfahrung ist selbst eine solche Synthesis der Wahrnehmungen, welche meinen Begriff, den ich vermittelst einer Wahrnehmung habe, durch andere hinzukommende vermehrt. Allein wir glauben auch a priori aus unserem Begriffe hinausgehen und

unser
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 764. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_764.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)