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772 Methodenlehre I. Hauptst. III. Absch. 772

(wie es mehrere physische Hypothesen sind) sondern auch ganz willkürlich und blindlings gewagt seyn würde, weil das Einfache in ganz und gar keiner Erfahrung vorkommen kan und, wenn man unter Substanz hier das beharrliche Obiect der sinnlichen Anschauung versteht, die Möglichkeit einer einfachen Erscheinung gar nicht einzusehen ist. Blos intelligibele Wesen, oder blos intelligibele Eigenschaften der Dinge der Sinnenwelt, lassen sich mit keiner gegründeten Befugniß der Vernunft als Meinung annehmen, obzwar (weil man von ihrer Möglichkeit oder Unmöglichkeit keine Begriffe hat) auch, durch keine vermeinte bessere Einsicht, dogmatisch ableugnen.

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 Zur Erklärung gegebener Erscheinungen können keine andere Dinge und Erklärungsgründe, als die, so nach schon bekanten Gesetzen der Erscheinungen, mit den gegebenen in Verknüpfung gesezt worden, angeführt werden. Eine transscendentale Hypothese, bey der eine blosse Idee der Vernunft zur Erklärung der Naturdinge gebraucht würde, würde daher gar keine Erklärung seyn, indem das, was man aus bekanten empirischen Principien nicht hinreichend versteht, durch etwas erklärt werden würde, davon man gar nichts versteht. Auch würde das Princip einer solchen Hypothese eigentlich nur zur Befriedigung der Vernunft und nicht zur Beförderung des Verstandesgebrauchs in Ansehung der Gegenstände dienen. Ordnung und Zweckmässigkeit in der Natur muß wiederum aus Naturgründen und nach Naturgesetzen erklärt werden und

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 772. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_772.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)