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780 Methodenlehre I. Hauptst. III. Absch. 780

intelligibel sey, den Zeitveränderungen gar nicht unterworfen und weder durch Geburt angefangen habe, noch durch den Tod geendigt werde. Daß dieses Leben nichts als eine blosse Erscheinung, d. i. eine sinnliche Vorstellung von dem reinen geistigen Leben und die ganze Sinnenwelt ein blosses Bild sey, welches unserer iezigen Erkentnißart vorschwebt und, wie ein Traum, an sich keine obiective Realität habe; daß, wenn wir die Sachen und uns selbst anschauen sollen, wie sie sind, wir uns in einer Welt geistiger Naturen sehen würden, mit welcher unsere einzigwahre Gemeinschaft weder durch Geburt angefangen habe, noch durch den Leibestod (als blosse Erscheinungen) aufhören werde, u. s. w.

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 Ob wir nun gleich von allem diesem, was wir hier wider den Angriff hypothetisch vorschützen, nicht das Mindeste wissen, noch im Ernste behaupten, sondern alles nicht einmal Vernunftidee, sondern blos zur Gegenwehr ausgedachter Begriff ist, so verfahren wir doch hiebey ganz vernunftmässig, indem wir dem Gegner, welcher alle Möglichkeit erschöpft zu haben meint, indem er den Mangel ihrer empirischen Bedingungen vor einen Beweis der gänzlichen Unmöglichkeit, des von uns Geglaubten, fälschlich ausgiebt, nur zeigen: daß er eben so wenig durch blosse Erfahrungsgesetze das ganze Feld möglicher Dinge an sich selbst umspannen, als wir ausserhalb der Erfahrung vor unsere Vernunft irgend etwas auf gegründete Art erwerben können. Der solche hypothetische Gegenmittel wider

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 780. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_780.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)