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796 Methodenlehre II. Hauptst. 796

zu Irrthümern Anlaß geben, in der That aber das Ziel der Beeiferung der Vernunft ausmachen. Denn welcher Ursache solte sonst wol die nicht zu dämpfende Begierde, durchaus über die Gränze der Erfahrung hinaus irgendwo festen Fuß zu fassen, zuzuschreiben seyn. Sie ahndet Gegenstände, die ein grosses Interesse vor sie bey sich führen. Sie tritt den Weg der blossen Speculation an, um sich ihnen zu näheren; aber diese fliehen vor sie. Vermuthlich wird auf dem einzigen Wege, der ihr noch übrig ist, nemlich dem des practischen Gebrauchs, besseres Glück vor sie zu hoffen seyn.

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 Ich verstehe unter einem Canon den Inbegriff der Grundsätze a priori des richtigen Gebrauchs gewisser Erkentnißvermögen überhaupt. So ist die allgemeine Logik in ihrem analytischen Theile ein Canon vor Verstand und Vernunft überhaupt, aber nur der Form nach, denn sie abstrahirt von allem Inhalte. So war die transscendentale Analytik der Canon des reinen Verstandes; denn der ist allein wahrer synthetischer Erkentnisse a priori fähig. Wo aber kein richtiger Gebrauch einer Erkentnißkraft möglich ist, da giebt es keinen Canon. Nun ist alle synthetische Erkentniß der reinen Vernunft in ihrem speculativen Gebrauche, nach allen bisher geführten Beweisen, gänzlich unmöglich. Also giebt es gar keinen Canon des speculativen Gebrauchs derselben (denn dieser ist durch und durch dialectisch), sondern alle transscendentale Logik ist in dieser Absicht nichts als Disciplin. Folglich, wenn es

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 796. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_796.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)