Seite:Keyserling Wellen.pdf/132

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Dämmerung hinausschallen. Doralice tat es auch wohl, sich von der eigenen Stimme in ein weiches, gedankenloses Behagen wiegen zu lassen. Ja gedankenlos, denn sie spürte es wohl, da waren so einige kleine widerwärtige Gedanken, die nur darauf lauerten hervorzukriechen. So der Gedanke an die verlegene und herablassende Art, mit der die Baronin Buttlär zu ihr gesprochen hatte, die Art, mit der Familienmütter auf Wohltätigkeitsfesten zu fremden Schauspielerinnen zu sprechen pflegten, oder der Gedanke daran, daß der Baron Buttlär während des Tanzes die Augen rollte, wie Herren sonst nicht die Augen rollen, wenn sie mit fremden Damen tanzen. Nein, daran wollte sie nicht denken, sie wollte singen. Sie schaute zu Hans hinüber. Der saß ruhig da, öffnete den Mund weit, ganz damit beschäftigt, seinen schönen Tenor recht laut erklingen zu lassen. Als das Lied zu Ende war, schwiegen alle eine Weile, träumten in die Dämmerung hinein, als fürchteten sie etwas zu wecken, das sie eben sich in Schlaf gesungen hatten. Endlich verkündete der Geheimrat, die Uhr in der Hand: „Jetzt bitte zum Feuerwerk, künstliches Feuerwerk habe ich nicht. Mein Feuerwerk ist der Mond, der gerade jetzt aufgeht. Bitte also mit mir dort hinaufzugehen.“

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)