Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/137

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sie vermuthete, es sollte die Häßlichkeit ihrer eigenen Ungestaltheit durch den Abstich zu ihrer Kränkung noch auffallender werden, und sie wurde es auch für ihr eigenes Gefühl, ach schmerzlich genug! „Wie glücklich, sagte sie mit Thränen, müßen so schöne Leute sein!“

Sie hatte kaum ihre Augen getrocknet, so sieht sie, nicht ohne Entsetzen, ein altes Weib vor sich stehen, tausendmal häßlicher als sie selbst, zerlumpt gekleidet und mit einem weißgelben Muffe versehen.

„Prinzeßin, sprach die Alte, ich habe deine Worte gehört und tadle sie nicht. Wie gering ich dir auch scheinen möge, so bin ich doch mächtig genug dich so schön zu machen, als diese Schäferin, und dieser liebenswürdige Schäfer würde dann dein Liebhaber werden. Indeßen könnt ich dir nicht dafür stehen, wie es dann mit deinem Herzen aussehen würde; denn die Schönheit hat schon Viele verdorben. Ich habe blos deinetwegen diesen Muff mitgebracht. Hauchst du am gelben Ende hinein, so erlangst du Schönheit; am weißen Ende hineingehaucht, wirst du immer tugendhafter und edler.“

„Gib mir den Muff, liebe Alte, sprach die Prinzeßin; hier braucht es keines langen Wählens.“ Sie nahm den Muff und hauchte ins weiße Ende hinein. „Wohl dir!“ sprach die Alte und verschwand.

Das Gefühl, nach dem Rechten getrachtet zu haben, beruhigte die Prinzeßin, wenn zuweilen das Verlangen nach gefälliger Bildung in ihr zu lebhaft werden wollte. Sie hoffte nichts weiter als Erlösung aus ihrem Kerker, aber sie hoffte vergebens, denn ihr Vater, den sie mit einem großen Kriegsheer zu ihrer Befreiung