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„Wer ihre Frage auflöse, den wolle sie nehmen, und wenn es auch gleich nur ein Schneider wäre, denn nur ein solcher sei ihrer Hand werth, der ihren Sinn enträthseln könne.

Da kam denn viel Lumpenpack an ihren Hof, wollte rathen und trafs nicht und wurde mit Prügeln fortgejagt.

So kam denn einstmals auch ein Schneider und ließ sich ihr Räthsel vorlegen. Sie sagte: „Ich habe zweierlei Haare auf dem Kopf, von was für Farben sind die?“ Der Schneider antwortete frisch: „das eine ist von Gold, das andere von Silber; das sind die zweierlei Farben.“ Da wurde die Prinzeßin vor Schrecken bleich, denn der Schneider hatte es getroffen. Woher er es aber wußte, hat er Keinen gesagt.

Die Prinzeßin erholte sich ein Bißchen und sprach dann: „damit hast du mich noch nicht gewonnen, sondern du mußt noch diese Nacht bei meinem großen Bär schlafen, der unten im Stalle liegt. Bist du dann noch morgen lebendig, so fahren wir gleich zur Trauung.

Deß war der Schneider wohl zufrieden, ließ sich eine Geige geben, einen Schraubenstock und große Nüße. Darauf suchte er sich glatte runde Kiesel, die so groß waren wie die Nüße und ging damit in den Stall. Die Prinzeßin aber dachte, nun sei sie des Schneiders gewiß los, denn wer noch zu dem Bär in den Stall gekommen war, war nicht lebendig geblieben.

Als nun der Schneider in den Stall gebracht wurde, kam der Bär auf ihn zu und wollt ihm mit den Pratzen willkommen heißen und dann damit an sein Herz drücken, daß ihm der Athem wäre ausgegangen. Der Schneider aber sprach: „Halt Bursche! mit dir will ich schon noch fertig werden!“