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ist. Sie weiß nur, daß der Mark- und Landgraf Heinrich der Erlauchte, Pfalzgraf zu Sachsen, zur allgemeinen Friedensfeier zu Nordhausen ein Prachtturnier anstellte, welches von Fürsten und Rittern und edeln Frauen zahlreich besucht war, und bei dem auch Heinrichs ältester Sohn, Albert mit seiner Gemahlin Margaretha, der Tochter Kaiser Friedrichs II. gegenwärtig war. Markgraf Heinrich der Erlauchte hatte des Länderbesitzes fast zu viel, ohne die mancherlei Ansprüche auf Lande in Oesterreich, auf Neapel, auf Sicilien, daher übergab er seinem ersten Sohne Albert die Oberherrschaft über die Landgrafschaft Thüringen und die Pfalz Sachsen, dem zweiten Sohne aber, Dietrich, das Osterland und Landsberg. Albrecht war ein streitbarer und auch streitlustiger, tapferer Herr, doch ohne geregelte Neigungen, und sein Leben war eine Kette von Kämpfen, erst gegen den eigenen Bruder, dann gegen den eigenen Vater, dann gegen den eigenen Sohn. Dieß, und eine heftige Neigung zu einem schönen und verlockenden Hoffräulein seiner Gemahlin, Kunegunde von Eisenberg, und alles, was in Folge dieser Neigung geschah, wurde Ursache, daß dem Landgrafen Albert von Thüringen schon sehr frühzeitig von Geschichtschreibern der übel klingende Beiname der Entartete gegeben wurde, der auf sein Andenken einen trüben Schatten wirft, welchen Schatten vielleicht die sorgfältigere Geschichtforschung der neuesten Zeit in etwas zu lichten im Stande sein wird. Die Sage aber wird sich das, was sie selbst von ihm und über ihn berichtet, nicht nehmen lassen.

Als Landgraf von Thüringen hatte Albert seine Hofhaltung im Schlosse Wartburg, und dort vergaß er der

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/202&oldid=- (Version vom 1.8.2018)