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122.
Das Löthtöpfchen.

In die grünen Wald- und Wiesengründe des Ruhlathales blickt ernst der Thurmrest des alten Schlosses Scharfenberg herab, wegen seiner Gestalt „das Löthtöpfchen“ geheißen. In sanftem Bogen zieht sich um den halben Berg das Dorf Thal. Auf dem Berge stand die erste Kirche dieser Gegend, später wurde sie vom Kloster Weissenborn ins Thal gebaut. Die Umwohner erzählen sich manche Spuksage von den Trümmern dieser alten Burg. Ein brennendes Faß soll zu Zeiten vom steilen Bergeshang abrollend erblickt werden. Zwei Brüder erstachen sich gegenseitig am Bergesfuße nahe bei Thal, deren Geister noch spuken. In alten Zeiten ist um das Schloß Scharfenberg viel und heftig gestritten worden. Ursprünglich besaßen dasselbe Herren von Stein, dann kam es an Thüringen, und wurde in dem Erbfolgekriege zwischen Heinrich dem Erlauchten und Heinrich dem Kinde von Brabant belagert, von dessen und seiner Mutter Sophia tapfern Kriegern aber so gut vertheidigt, daß es unerobert blieb. Später war Scharfenberg an die Grafen von Henneberg gekommen, und wurde häufig Zankapfel, bis es im sächsischen Bruderkriege Friedrich der Sanftmüthige im Jahre 1450 schleifen ließ, so daß nichts übrig blieb als der nicht sehr hohe Thurmrest. Landgraf Friedrich der Ernsthafte hatte früher sehr ernsthaft um diese Burg gekämpft, dort eine große Schlacht geschlagen, und wäre in dieser beinahe selbst erschlagen worden, wenn nicht ein starker und stattlicher Mann, Hans von Frymar, ihm immerdar schützend zur Seite geblieben wäre.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/239&oldid=- (Version vom 1.8.2018)