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voll Kampfeslust. Und im nächsten Augenblick findet einer fast weiche Worte für die französischen Gefangenen, mit denen sie ihr Brot geteilt haben und die sie geneckt mit spaßigen Verschen: Franzos, kriegst e rote Hos’ — Französle, kriegst e rot’s Hösle. — Der Zug hält. Offenburg oder irgend ein größerer Ort. Ein am Fuße leicht verwundeter Soldat steigt hinkend ein, der Schaffner will ihm noch einen Platz in unserm Wagenabteil anweisen. Da meint einer der Bayern: „Ach was, der is ja gar net verwund’t, fehlt ja nur a Hax’n.“ Schallendes Gelächter. — Auf dem Bahnsteig wandeln blonde, blauäugige Mädel auf und ab, das weiße Band mit dem Roten Kreuz am Arm, die eine mit dem Strickstrumpf in der Hand, die andere Erfrischungen und Liebesgaben anbietend. Unter Jauchzen der Soldaten und fröhlichem Händewinken der Mädel setzt sich der Zug wieder in Bewegung. Eine ruft lachend: „Gute Besserung !“ Gilt der Wunsch der Wunde oder einem übermütigen Scherzwort? Ab und zu tritt in den Gesprächen auch der Ernst der Zeit in sein Recht. Meine Reisebegleiter sprechen von der Begeisterung des Volkes bei der Mobilmachung, von den fast sinnbetäubenden Kundgebungen und Huldigungen, mit denen sie bei der Abfahrt von der heimatlichen Garnisonstadt überhäuft worden sind, von der langen Fahrt von Bayern nach Lothringen, von ihrem felsenfesten Vertrauen in die Führung des Heeres und der einzelnen Armeen; sie sind des Lobes voll

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)